Radevormwald Nicht getätigte Investitionen belasten den aktuellen Haushalt

Radevormwald · 11,4 Millionen Euro an möglichen Investitionen der Stadt in diesem Jahr sorgen derzeit für Aufregung in der Kommunalpolitik und für Kritik an der Verwaltung. Wenn Investitionen in einem Haushaltsjahr nicht wie vorgesehen umgesetzt oder abgeschlossen werden, können die Mittel ins nächste Jahr übertragen werden - als Ermächtigungsübertragung. Das Geld bleibt bis Ende des folgenden Haushaltsjahres verfügbar.

Das Problem: Werden die Mittel übertragen, erhöhen sie die Positionen im Haushaltsplan des folgenden Jahres. Und das ist in Rade zuletzt verstärkt passiert. Durch die Übertragung wird die Erlaubnis übertragen, im folgenden Haushaltsjahr mehr Auszahlungen vorzunehmen als im Haushaltsplan ausgewiesen sind. So wird sowohl das Ergebnis als auch der Geldfluss des folgenden Jahres belastet.

Dietmar Busch (CDU) fiel beim Lesen der Beschlussvorlage für den Stadtrat diese nach eigenen Angaben "mächtige Steigerung" auf. So betrugen die Übertragungen von 2010 auf 2011 gut 2,1 Millionen Euro, von 2011 auf 2012 fast 1,6 Millionen, von 2010 auf 2013 gut drei Millionen, von 2013 auf 2014 knapp drei Millionen, von 2014 auf 2015 gut fünf Millionen, von 2015 auf 2016 knapp vier Millionen, von 2016 auf 2017 gut 4,6 Millionen und von 2017 auf 2018 mehr als sechs Millionen Euro.

"Wie können wir das künftig verhindern?", fragte Busch, denn so könne das die Politik nicht länger hinnehmen. Kämmerer Frank Nipken kann das gut nachvollziehen: "Im Haushalt 2018, der noch nicht genehmigt ist, stehen fünf Millionen Euro für Investitionen und mehr als sechs Millionen Euro aus Ermächtigungen - das heißt, dass 11,4 Millionen Euro an Investitionen möglich wären", sagte er. Wenn diese Ausgaben tatsächlich getätigt würden, sei die Finanzplanung nicht mehr beherrschbar. Um die Genehmigung des Haushaltsplans nicht zu gefährden, müsse die Stadt 68 Positionen bei den Investitionen sperren - Umfang: 3,2 Millionen Euro. Ziel müsse es sein, geplante Investitionen bis zum Sommer in die Ausschüsse zu bringen. "Alle weiteren Investitionen müssen wir für 2019 oder später neu veranschlagen", sagte Nipken. Das sei ein Vorgehen mit der Brechstange, aber nicht anders machbar.

Rolf Ebbinghaus (AL) versteht das Prozedere, ist aber zugleich erschüttert ob das Vorgehens. "Was ist das für ein Verfahren?", fragte er. Warum lasse die Kämmerei den Rat Investitionen von sechs Millionen Euro beschließen, die sich nicht umsetzen ließen. "Ich wünsche mir einen ehrlicheren, transparenteren und nachvollziehbareren Umgang mit dem Haushalt", sagte er. Dann sollte sich der Rat in Zukunft besser etwas mehr bescheiden.

Auch Dietmar Stark (SPD) zweifelt an dem Prozedere: "Wenn wir so verfahren, konterkarieren wir jede Haushaltsberatung, und das Budgetrecht des Rates wird stark eingeschränkt und beeinträchtigt." Ihn würde interessieren, welche Einzelmaßnahmen unter die von der Kämmerei angekündigten Sperren fallen. Über das Verfahren müsse man sich noch mal verständigen. "Die Entscheidung über Investitionen wird so vom Rat auf die Seite der Verwaltung verlagert, das sieht der Gesetzgeber so nicht vor", sagte Stark. Bürgermeister Johannes Mans sieht die Stadt in einem Dilemma: Späte Genehmigung des Haushalts, dann die Ausschreibungen - vieles verlagere sich ins nächste Jahr. "Das System ist indiskutabel. Denn durch das Rüberziehen der Mittel geht der Wirkungszusammenhang verloren", sagte Mans. Deshalb müsse man das System in Frage stellen, um nicht die hoheitliche Steuerung des Rates auszuhebeln. Nipken betonte, dass man künftig nicht nur sagen sollte, was geschafft wurde, sondern Dinge benennen müsse, die nicht laufen und gesperrt sind - und die dann eben neu veranschlagt werden müssten.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort