Radevormwald Mongolische Familie feiert in Rade erstmals ein Weihnachtsfest

Radevormwald · Si Kha (30) und Enkhee Kha (28) kamen vor fünf Monaten mit ihren Kindern Aanga und Aaanda ins Bergische und wollen hier bleiben.

Radevormwald: Mongolische Familie feiert in Rade erstmals ein Weihnachtsfest
Foto: Moll, Jürgen (jumo)

Die meisten Kinder bekommen große, staunende Augen, wenn sie die ersten geschmückten Weihnachtsbäume des Jahres zu sehen bekommen. Flüchtlingskinder wie Aanga (5) und Aanda (2) staunen umso mehr, als sie das Weihnachtsfest aus ihrer Heimat, der Inneren Mongolei, gar nicht kennen. Vor fünf Monaten sind sie mit ihren Eltern Si Kha (30) und Enkhee Kha (28) in Radevormwald angekommen und staunen nun über alles, was mit Weihnachten zu tun hat.

Als Buddhisten ist ihnen dieses Fest gänzlich unbekannt - ihr größtes Fest des Jahres heißt Tsagaan Sar oder White Moon. Der Name und auch der Zeitpunkt dieser Jahresfeier sind abgeleitet vom Verlauf des Mondes und können in einigen Jahren im Januar oder, wie auch 2016, im Februar stattfinden. "Beim Tsaggan Sar Fest kommt immer die ganze Familie zusammen", sagt Enkhee Kha, die zwar noch kein Deutsch, aber dafür ein hervorragendes Englisch spricht, und ergänzt: "Am ersten Festtag besuchen wir die Großeltern, um diese Ältesten besonders zu ehren. Sie sitzen immer am Kopf der Tafel und bekommen von den Jüngeren blaue Seidentücher als Geschenk überreicht, die später beim Gebet in den Händen gehalten werden."

Während der Begrüßung zum "White-Moon-Fest" greifen sich die Mongolen an die Ellbogen, um damit die Unterstützung füreinander zu symbolisieren. Wenn möglich, tragen zu dieser Feier alle die mongolische Nationaltracht und kommen an einer großen Tafel zusammen. Traditionell wird viel gegessen - und die meisten der Gerichte stehen symbolisch für Glück, Freude und Reichtum im neuen Jahr.

"Wir haben ganz spezielle Gerichte, die nur zu dieser Feier zubereitet werden. Dazu gehört unter anderem eine Art Kuchen, der aus mehreren Lagen besteht. Es ist aber immer eine ungerade Anzahl von Schichten, da sie im Wechsel Glück und Traurigkeit bedeuten. Der Kuchen beginnt und endet immer mit einer Lage Glück", erklärt Enkhee Kha den Brauch aus der Heimat. Außerdem gehöre immer ein gekochter Hammelrücken und in Teig gebackenes Fleisch auf den Tisch. Über mehrere Stunden wird dann gemeinsam gebetet, geredet, gegessen und gefeiert.

Brechen die Gäste dann auf, bekommt jeder von ihnen ein Geschenk vom Gastgeber überreicht. Das Fest dauert mindestens eine Woche, es kann aber auch bis zu einem Monat zelebriert werden. Schulen und größere Firmen in der Inneren Mongolei haben in dieser Zeit geschlossen.

Familie Kha wird das Tsagaan Sar Fest 2016 mit einem kleinen Schuss Wehmut feiern, da die Mutter von Enkhee Kha in der Inneren Mongolei zurückgeblieben ist. Andere Familienangehörige hat die kleine Familie, die dort auf dem Land gewohnt hat, nicht.

Sie wollen aber nicht zurückblicken, sondern wünschen sich eine Zukunft in Deutschland. "Wir wollen nicht nur die Sprache perfekt lernen, sondern auch arbeiten und die deutschen Bräuche annehmen", wünschen sie sich. Deshalb werden sie auch in diesem Jahr schon einen kleinen Weihnachtsbaum in ihrer Wohnung in Rade aufstellen, um die Freude ihrer Söhne darüber mitzuerleben.

"Aanga staunt immer über die geschmückten Bäume, die wir in der Stadt sehen, und er wird große Augen machen, wenn wir auch so einen in der Wohnung haben", sind sich seine Eltern sicher. Schon jetzt schmücken einige Sterne, Engel und Nikoläuse die Räume, aber den großen Glanz in den Augen beider Kinder wird dann der Weihnachtsbaum hervorzaubern.

Tsagaan Sar - das Fest des "Weißen Mondes" - ist eines der wichtigsten mongolischen Feste. Es wird einen Monat nach dem ersten Neumond gefeiert, der auf die Sonnenwende folgt. Bei diesem Fest werden vor allem die Alten innerhalb der Familie geehrt. Ihnen wird Respekt entgegengebracht - und die Familie bezeugt damit auch ihren Zusammenhalt.

(gedi)
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