Radevormwald Letzter Schultag für Sonja Ebbinghaus

Radevormwald · Mit 63 Jahren hat Rektorin Sonja Ebbinghaus von der Verbundgrundschule Bergerhof-Wupper heute ihren letzten Schultag. Sie kam im Dezember 1974 nach Bergerhof, seit 2002 ist sie Schulleiterin, seit 2012 im Verbund mit der Wupper.

Vertretungsbedingt unterrichtete Sonja Ebbinghaus in dieser Woche zeitweilig ein erstes Schuljahr. "Das hat mir immer Spaß gemacht und das macht es auch heute noch", sagt die Grundschulrektorin, die als Lehrerin rein rechnerisch zehn Durchgänge vom ersten bis zum vierten Schuljahr unterrichtet hat. "Als ich im Dezember 1974 als Referendarin zur Grundschule kam, habe ich mir Reinhild Burggräfe als Mentorin ausgesucht und noch auf dem Schulhof ein erstes Gespräch geführt. Wir sind lange befreundet und jetzt beide im Ruhestand", sagt Sonja Ebbinghaus.

Einen Durchgang von vier Jahren hat die Rektorin seit 2012 im Verbund zusammen mit dem Standort Wupper auf der Brede organisiert. "Die Zusammenführung hat sich sehr gut entwickelt, wenn auch zu Beginn mit häufigem Gesprächsbedarf. Aber das ist wohl so, wenn Schulen verschiedener Stadtteile zusammenwachsen sollen", sagt die Rektorin. Das Schulkonzept ist inzwischen ein gemeinsames.

Mehr als 40 Jahre sind eine lange Zeit. Ihren Kollegen könne sie nur mit auf den Weg geben, gelassen zu bleiben, Stressresistenz zu üben und emphatisch zu sein, um den jeweiligen Gegenüber ernst zu nehmen. Den Eltern in der veränderten Gesellschaft empfiehlt sie, sich bei Gesprächsbedarf erst einmal an den Klassenlehrer oder den jeweiligen Schulleiter zu wenden. Im Vergleich zu früher haben Eltern heute einen viel größeren Gesprächsbedarf. "Dadurch sind auch die Anforderungen an uns gestiegen. Lehrer sollen und müssen sich aber der Elternkritik stellen", sagt Ebbinghaus.

Hinzu kommt, dass die bürokratischen Anforderungen an Lehrer und Schulleitungen immens gestiegen sind. Das Bekanntwerden der Pisa-Studie im Jahr 2000 sei ein Einschnitt hin zu sehr vielen neuen Entwicklungen gewesen. "Im Kollegium haben wir zahlreiche Konzepte wie für Inklusion, Integration oder die Leistungen der Schüler erarbeitet", sagt die scheidende Schulleiterin, die in Zukunft gerne mehr reisen möchte und sich vorstellen kann, bei der Aktion "Radevormwalder Mittagstisch" ehrenamtlich mitzuarbeiten.

Beim Blick zurück sagt Ebbinghaus, dass das Thema Integration an ihrer Schule kein neues ist. In den 1970er Jahren sind türkischsprachige Kinder integriert worden, in den 1980er Jahren gab es türkische Vorbereitungsklassen und zu dieser Zeit und später auch zahlreiche Aussiedlerkinder, die neu in den Schulalltag kamen. Auch Inklusion habe es schon gegeben, allerdings waren die Fälle seltener.

Für das kommende Schuljahr rechnet Ebbinghaus mit einem Inklusions-Mehraufwand für die Schule, der aber geregelt ist. Ein Sonderpädagoge wird dazu kommen und auch Integrationshelfer, um den Kindern den Unterricht in einer Regelschule zu ermöglichen. "Ich denke, dass die Anzahl der Kinder steigen wird und damit auch der Bedarf an Hilfe. Gespräche mit Therapeuten, Jugendamt und Integrationshelfern und die Einberufung regelmäßiger Förderkonferenzen nehmen viel Zeit in Anspruch", sagt Ebbinghaus. Die Umsetzung der Inklusionsbemühungen bleibt jetzt der Nachfolge überlassen.

Ein wichtiges Thema ist für Sonja Ebbinghaus in den vergangenen Jahren zusätzlich zum Unterricht die Betreuung von Schülern bis 16 Uhr gewesen. "Ich glaube, dass der Bedarf in Zukunft noch steigen wird", sagt sie. Das habe auch Folgen für die Lehrer gehabt. Die meisten bleiben heute bis zum Nachmittag in der Schule und erledigen alle Aufgaben, damit sie zu Hause damit nichts mehr zu tun haben. "Das war früher anders." Die Entwicklung "ihrer Schule" wird die 63-Jährige weiter verfolgen, aber mit Abstand.

Auf den Ruhestand freut sie sich, weil sie jetzt auch außerhalb der Schulferien reisen kann. Sie ist gespannt, wo es sie überall hinziehen wird. An Zielen werde es nicht mangeln. "Mit dem Begriff ,Rumrentnern' kann ich zum Beispiel nicht viel anfangen", sagt sie.

(RP)
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