Radevormwald Keine Kapitulation vor der großen Hitze

Radevormwald · Hoch "Annelie" treibt in ganz Deutschland die Temperaturen in die Höhe. Auch in Radevormwald hilft eigentlich nur noch: Schattenplätzchen suchen. Wo draußen gearbeitet wird, ist das allerdings nicht so einfach. Eine Rundfahrt.

 Jan Gesenberg (l.) und Alexander Jauk haben als Betriebshofmitarbeiter gestern damit begonnen, die Grünflächen in der Innenstadt wie hier an der Schützenstraße mit Wasser zu versorgen.

Jan Gesenberg (l.) und Alexander Jauk haben als Betriebshofmitarbeiter gestern damit begonnen, die Grünflächen in der Innenstadt wie hier an der Schützenstraße mit Wasser zu versorgen.

Foto: Nico Hertgen

Bever-Talsperre (Zornige Ameise, 9.45 Uhr, 31 Grad Celsius) - Zwischen Liegewiesenentspannern und Sonnenmilch-Eincremern sorgen Christian Kemsies und Holger Heimchen vom Hückeswagener Bauhof für Sauberkeit und Ordnung. Zwei- bis dreimal die Woche leeren sie die 18 Mülleimer an der Zornigen Ameise, suchen die Wiesen ab - und finden dabei etwa alte Schlauchboote, kaputte Luftmatratzen und zahlreiche Einweggrills. "Wir schimpfen nicht auf die Sonne, sondern legen einfach eine Trinkpause mehr ein", sagt Heimchen: "Ich bin nicht neidisch, wenn ich die Badegäste in der Talsperre sehe", erklärt der 49-Jährige, der sich mit seinem Kollegen auch noch um Mülleimer an Bushaltestellen und Wanderparkplätzen kümmern muss.

Kaiserstraße (11.15 Uhr, 32 Grad) - Alexander Jauk sieht aus, als hätte er den Wetterbericht ignoriert: Der Mitarbeiter des Betriebshofes trägt Arbeitsschuhe, eine lange Baumwollhose, ein langärmliges Hemd und darüber eine neongelbe Warnweste. "Die Sonne ist sehr gefährlich und die Kleidung schützt mich. Ich schwitze zwar, aber ich überhitze nicht", erklärt der 59-Jährige, der in der Innenstadt mit dem Gießwagen, einem schweren Unimog (im Winter Schneepflug), unterwegs ist. Bäume und pieksende Rosenbüsche müssen gewässert werden. Darum hat Jauk, ebenso wie sein Kollege Jan Gesenberg, auch noch Handschuhe an. 6000 bis 8000 Liter Wasser aus dem Uelfebad benötigen die Beiden täglich für ihren Job. 2000 Liter fasst der Tank, darum müssen sie einige Male hin- und herfahren. "Wir haben uns schnell an das warme Wetter gewöhnt und sind froh, dass endlich mal die Sonne scheint", sagt Gesenberg.

Mühlenstraße (12 Uhr, 32 Grad) - Wilfried Wortmann beschreibt sich selbst als "Naturburschen, den die Hitze nicht stört". "Ich arbeite lieber auf dem heißen Asphalt, als im stickigen Büro." Gemeinsam mit Dietmar Janning und Fabio Russo erledigt er einige Pflasterarbeiten auf der Mühlenstraße, mäht den Rasen neben dem Gehweg und sammelt mit einer Greifzange Müll. Für unverbesserliche Jahreszeitenkritiker ist es entweder zu warm, zu kalt, zu trocken oder zu feucht. Nicht für Wortmann. "Die Hausmeister der Stadt stören sich nicht am Wetter", sagt der 45-Jährige - und packt sein Sammelsurium an Werkzeugen zusammen: Auf einer anderen Straße müssen noch Schlaglöcher beseitigt werden.

Sportplatz Hermannstraße (12.15 Uhr, 33 Grad) - Sebastian Kampert kämpft mit dem Spaten und der trockenen Erde: Der Garten-, Landschafts- und Sportplatzbauer gräbt ein tiefes Loch für eine Straßenlaterne. Zwei Stunden braucht er. "Die Hitze setzt mir ganz schön zu. Aber ich kann das Wetter nicht ändern, also ärgere ich mich nicht darüber." Gemeinsam mit Roman Storonianski, der im Führerhaus des Baggers schwitzt, kommt Kampert aus Dortmund zur Baustelle.

"Zum Glück ist in der Ferienzeit auf den Autobahnen nicht ganz so viel los, so dass wir bei der quälenden Sonne nicht im Stau stehen müssen." Auch positiv: "Bei Hitze ist das Erkältungsrisiko geringer." Seiner Tante ist der Sportplatzbauer besonders dankbar: "Sie hat mir kurzfristig meine beiden Arbeitshosen gekürzt. Sonst wäre ich in der Wolle vermutlich schon eingegangen." Am neuen Sportplatz wird hart gearbeitet. Die beauftragten Bauunternehmen haben mit der Stadt das Ziel ausgegeben, möglichst bis zum Monatsende fertig zu werden.

Friedrichstraße (12.35 Uhr, 33 Grad) Andreas Klein-Ellinghaus schnauft tief durch. Der Postbeamte schiebt seine schwere Karre etwas langsamer als sonst durch die Straßen seines Bezirkes. "Da ich mir meine Arbeitszeit selbst einteilen kann, schalte ich bei der Bullenhitze einen Gang zurück", sagt er.

Mit den Sportplatzbauern in der Hermannstraße - an der er gerade vorbeigekommen ist - will er zwar nicht tauschen; er würde sich aber sofort auf die spanische Urlaubsinsel Mallorca beamen: Füße in den Sand, Zuckerbrause in die Hand.

(RP)
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