Radevormwald Junge Flüchtlinge kritisieren Zustände

Radevormwald · Der Jugendhilfeausschuss besichtigte am Dienstag die Unterkunft für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge des Deutschen Roten Kreuz (DRK). Organisatorische und zwischenmenschliche Probleme müssen schnell gelöst werden.

 Da war die Welt noch in Ordnung: Zum Start trafen sich alle Beteiligten und freuten sich auf die gemeinsame Zeit. Jetzt gibt es enorme Probleme in der Einrichtung.

Da war die Welt noch in Ordnung: Zum Start trafen sich alle Beteiligten und freuten sich auf die gemeinsame Zeit. Jetzt gibt es enorme Probleme in der Einrichtung.

Foto: moll (archiv)

Einer Konfrontation mit der Realität stellten sich die Mitglieder des Jugendhilfeausschusses am Dienstag zum Auftakt ihrer Sitzung. Die Besichtigung der Einrichtung für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge, die seit drei Monaten durch das Deutsche Rote Kreuz (DRK) geleitet wird, verlief anders als erwartet.

Shaker Safi ist einer der sieben Männer, die zurzeit in der Unterkunft leben, und er schilderte die Probleme, mit denen er täglich kämpft. Der 18-Jährige ist aus Afghanistan geflohen und schon viele Monate in Rade. Auf einen Deutschkursus hat er ewig gewartet, ein Praktikum oder eine Ausbildung sind in weiter Ferne - und die Aushändigung seines Verpflegungsetats von acht Euro pro Tag funktioniert auch nicht reibungslos. "Ich will lernen, aber ich muss täglich warten. Außerdem haben wir Hunger", sagte er. Er und ein weiterer Bewohner, der mittlerweile volljährig ist, haben sich für eine selbstständige Verpflegung entschieden. Das bedeutet, dass sie eigenständig einkaufen gehen und kochen müssen. Die anderen fünf Bewohner kochen gemeinsam in der Unterkunft und müssen sich an feste Essenszeiten halten. Auch sie beschwerten sich über eine nicht ausreichende Versorgung und klagten über Mangelerscheinungen.

Leiterin Carina Kühr nahm zu diesen Vorwürfen keine Stellung, schilderte aber die allgemein schwierige Situation. "Das DRK hat die Unterkunft erst vor drei Monaten übernommen. Wir brauchen Zeit, um die Fehler unserer Vorgänger aufzuarbeiten und das Zusammenleben so zu regeln, dass jeder zufrieden ist", sagte sie.

Die Situation zwischen ihr und Shaker Safi eskalierte Anfang der Woche. "Ich habe die Polizei gerufen, weil ich nicht rechtzeitig mein Geld für Lebensmittel bekommen habe", sagte der 18-Jährige. Fragwürdig fanden die Ausschussmitglieder den Umgang mit dem Lebensmitteletat ohnehin. Den Überschuss, den die Flüchtlinge am Ende einer Woche nicht ausgegeben haben, sammelt Carina Kühr in einer Gemeinschaftskasse.

Außerdem müssen alle Ausgaben mit Quittungen belegt werden. "Wir haben uns darauf geeinigt, das Geld zu sparen und für gemeinsame Aktivitäten, wie eine Feier oder einen Restaurantbesuch auszugeben", sagte die Leiterin. "Das geht nicht. Die Gelder sind personenbezogen", kritisierte Petra Ebbinghaus (AL). Dieses Problem wollen Volker Grossmann, Leiter des Jugendamtes, und Bürgermeister Johannes Mans zeitnah lösen.

Dr. Jörg Weber, Vorsitzender des Jugendhilfeausschusses, nahm die Sorgen beider Seiten ernst. "Die Essenssituation muss unbedingt kontrolliert werden. Problematisch finde ich auch, dass die Leiterin von den Bewohnern nicht respektiert wird", sagte er. Die allgemeine Situation der Flüchtlingsunterkunft hat ihn und die anderen Mitglieder des Ausschusses geschockt.

Andre Böhlig (CDU) forderte, ausländische Mitbürger als Vermittler in Sprach- und Kulturverständnissen in die Einrichtung zu integrieren. "Wir dürfen nicht vergessen, dass die Jugendlichen traumatisiert sind. Die Stadt ist der Auftraggeber und muss sich darum kümmern, dass die Unterkunft nach ihrer Zufriedenheit geleitet wird", sagte Böhlig. Dass die Arbeit des DRK momentan nicht zufriedenstellend sei, betonte auch Bürgermeister Johannes Mans.

Jugendamtsleiter Volker Grossmann nahm nach der Besichtigung ebenfalls Stellung zu der wenig positiven Situation. "Viele Schwierigkeiten sind uns bekannt. Die Anerkennung weiblicher Führungskräfte führt immer wieder zu Auseinandersetzungen. Die Versorgungsfrage werden wir mit dem DRK klären", sagte er.

(RP)
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