Serie Ehrenamt Gemeinsam sich selber helfen lernen

Radevormwald · Agnes Hombrecher leitet die Parkinson Selbsthilfegruppe. Sie ist für ihren Mann und das Ehrenamt früher in Rente gegangen.

 Agnes Hombrecher hat ihren Beruf als Leiterin eines großen IT-Unternehmens in Düsseldorf aufgegeben, um sich ihrem kranken Mann zu widmen.

Agnes Hombrecher hat ihren Beruf als Leiterin eines großen IT-Unternehmens in Düsseldorf aufgegeben, um sich ihrem kranken Mann zu widmen.

Foto: treiber

Radevormwald 2004 erreichte Gerd und Agnes Hombrecher die erschütternde Diagnose: Parkinson. Die Erkrankung des zentralen Nervensystems hatte sich mit ersten Symptomen bei Gerd Hombrecher bemerkbar gemacht. Damals war er 60 Jahre alt.

"Es war natürlich ein totaler Schock für uns beide. Wir wussten nicht, wie wir damit umgehen sollen und haben erst versucht, die Krankheit vor Freunden und Familie zu verstecken", sagt Gerd Hombrecher. Die Diagnose einer unheilbaren Krankheit zu bekommen, hat nicht nur ihn, sondern auch seine Frau gelähmt. Offen mit diesem Schicksal umzugehen, sich Hilfe zu suchen und zu dem unberechenbaren Krankheitsverlauf zu stehen, fiel den beiden nicht leicht. "Das würden wir heute anders machen. Viele Menschen versuchen, Parkinson zu verstecken oder zu kaschieren. Das ist nicht richtig", sagt Agnes Hombrecher.

2010, sechs Jahre nach der Diagnose, hat das Ehepaar den Schritt in die Selbsthilfegruppe Radevormwald gewagt, nachdem es in der Zeitung von dem Konzept und dem Schicksal anderer gelesen hatte. Mittlerweile leitet Agnes Hombrecher die Selbsthilfegruppe Radevormwald und Wipperfürth. Sie hat sich viel Wissen über die Krankheit angelesen. Nicht nur, um ihrem Mann, sondern auch anderen Betroffenen und Angehörigen zu helfen. Ihren Beruf als Leiterin eines großen IT-Unternehmens in Düsseldorf hat sie dafür aufgegeben. "Die Entscheidung habe ich natürlich für meinen Mann getroffen, der meine Unterstützung braucht. Aber ich will auch anderen Menschen helfen", sagt sie.

Dass eine Frau mit großem organisatorischen Talent die Leitung der Parkinson-Gruppe übernommen hat, ist für die Teilnehmer ein Segen. Agnes Hombrecher steht in Kontakt zu vielen Professoren, die zu der Krankheit forschen, organisiert Fachvorträge, bündelt Wissen über neueste Forschungsstände und Behandlungsmethoden und kümmert sich um die Finanzierung der Selbsthilfegruppe, die wöchentlichen Rehasport anbietet. "Ich schreibe jedes Jahr die Krankenkassen an, die Fördertöpfe für Selbsthilfegruppen haben. Das ist mühsam, hilft uns aber weiter", sagt sie. Dank der guten Organisation lernen die Patienten nicht nur von einer Reha-Therapeutin, sondern werden auch von Logopäden besucht, bekommen jährliche eine Sturzprophylaxe und werden von einem Ernährungsberater betreut.

Zu den wöchentlichen Treffen gehört aber auch die Förderung sozialer Kontakte. In der Selbsthilfegruppe sind viele Freundschaften entstanden und ein Netzwerk aus Helfern. Mit Menschen zu sprechen, die ebenfalls mit Parkinson kämpfen, ob als Betroffener oder Angehöriger, ist wichtig. "Wir sind uns gegenseitig eine Hilfe. Wir tauschen nicht nur Telefonnummern von Ärzten aus, sondern auch Erfahrungen und Erinnerungen."

In der Selbsthilfegruppe lernen Parkinsonkranke außerdem, besser mit der Unberechenbarkeit der Krankheit umzugehen. "Jeder hat seinen ganz eigenen Parkinson. In unserer Gruppe lernt man, offen damit umzugehen und sich nicht dafür zu schämen. Das passiert leider immer noch viel zu oft." Agnes und Gerd Hombrecher hoffen, dass spätere Generationen von ihrer Arbeit profitieren.

"Wir beteiligen uns an der Forschung, obwohl wir wohl selber nichts mehr davon haben werden", sagt sie. Für Agnes Hombrecher ist ihr Ehrenamt ein Weg, mit der Krankheit ihres Mannes und dem gemeinsamen Schicksal umzugehen - sowie anderen Menschen zur Seite zu stehen.

(trei)
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