Radevormwald Gemeinsam Hilfe für Flüchtlinge leisten

Radevormwald · Seit eineinhalb Jahren bündeln die Flüchtlingspaten aus Radevormwald ihre Kompetenzen, um die Asylsuchendenin ihrer Stadt bei der Alltagsbewältigung zu unterstützen. Inzwischen sind viele Freundschaften entstanden.

Es geht ihnen um Unterstützung, Integration und um das interkulturelle Miteinander. Es geht um praktische Hilfe, etwa bei Behördengängen, aber auch um seelischen Beistand und darum, da zu sein. Die Rede ist von den Flüchtlingspaten. Seit eineinhalb Jahren engagieren sie sich als Gruppe. Vernetzt via Facebook und durch regelmäßige Treffen, organisieren, koordinieren und leisten sie aktive Flüchtlingshilfe.

"Viele von uns haben schon früher Flüchtlinge betreut", erzählt Gruppen-Mitgründer Horst Kirschsieper. "Dabei arbeiteten wir aber getrennt voneinander und manchmal aneinander vorbei. Die Stadt hatte dann die Idee, unsere Kompetenzen zu bündeln." So wurde Anfang 2015 zu einem Runden Tisch eingeladen. Die Veranstaltung selbst beurteilen die Freiwilligen zwiespältig. Kirschsieper: "Gefruchtet hat sie zumindest dahingehend, dass wir uns fortan tatsächlich abstimmen wollten."

Seitdem übernehmen die Ehrenamtlichen in Teamarbeit verschiedenste Aufgaben: Sie geben Deutschkurse, bieten Kinderbetreuung an, vermitteln Möbel und Kleidung (vor allem über die Facebook-Seite "Rade hilft") und begleiten die Flüchtlinge bei Behördenangelegenheiten, Arztbesuchen oder Terminen beim Anwalt. "Die Aufgabengestaltung ist ebenso kreativ wie vielfältig", bemerkt Patin Birgit Kuna. "Von der Praktikumssuche bis zur Aufbereitung von gespendeten Fahrrädern gibt es zig Dinge, die zu erledigen sind."

Warum sie das tut? Aus Überzeugung. "Ich habe in der Zeitung stets von Flüchtlingen gelesen - und dass auch welche in die Rader Schule kommen sollen. Mein Gedanke war dann immer: Diese Menschen kennen doch niemanden, sie brauchen Hilfe, um sich zurechtzufinden." Da ihre eigene Tochter damals noch in die Grundschule ging, fühlte sie sich auch persönlich betroffen.

Ähnlich empfand das Monika Baumgart, die der Gruppe im Oktober beitrat. "Ich bin täglich an der Schule vorbeigefahren, habe mich aber nicht getraut, einfach reinzugehen und zu helfen. In der Gruppe war diese Hemmschwelle weg." Gleich bei den ersten Treffen der Ehrenamtlichen mit den Flüchtlingen zeigte sich die Sympathie füreinander. "Es war ein nettes Aneinandertasten", sagt Beate Windgaßen, "und inzwischen sind echte Freundschaften entstanden". Das freundschaftliche Miteinander auf Augenhöhe ist den Paten wichtig: "Diese Menschen brauchen Nähe, Wärme, sie brauchen Menschlichkeit", betont Christiane Breuer. "Wir versuchen, Seele in die Prozesse zu bringen, die in der Bürokratie verloren geht."

Anfangs ging es deshalb vor allem auch darum, einfach mal zuzuhören. Insbesondere weil vielen Flüchtlingen Schreckliches widerfahren ist - in ihrer krisen- und kriegsgebeutelten Heimat, während der Flucht oder durch ausländerfeindliche Deutsche. Auch die ungewisse Zukunft mache vielen zu schaffen, so die Paten, dazu das unbekannte Rechtssystem und teilweise der familiäre Druck aus der Heimat. "Wir Deutschen neigen dazu, eine Stell-dich-nicht-an-Haltung anzunehmen", sagt Beate Windgaßen. "Viele dieser Menschen sind aber tatsächlich traumatisiert. Manche mussten mitansehen, wie Angehörige ertrunken sind."

Verhätscheln wollten die Paten die Flüchtlinge deshalb nicht. Auch ihnen kommt es darauf an, dass sie selbstständig zurechtkommen. "Wir möchten diese Leute nicht entmündigen", betont Heike Goebel. "Ein Großteil der Rader Flüchtlinge sind studierte, promovierte Menschen, die stets eigenständig gelebt haben." Und denen es teilweise sogar unangenehm sei, überhaupt Hilfe in Anspruch nehmen zu müssen. Nicht selten bekommen die Paten Essenseinladungen oder das Angebot, mal den Rasen zu mähen. Goebel: "Die Flüchtlinge bemühen sich sehr, uns etwas zurückzugeben."

(beaw)
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