Radevormwald Freiheitsstrafe für den Kiosk-Räuber von Bergerhof

Radevormwald · Nicht einmal drei Monate nach dem Überfall auf die Post- und Lotto-Filiale in Bergerhof wurde der Täter gestern verurteilt.

Kurz vor Ladenschluss hatte ein maskierter Mann am Abend des 4. Juli die Postfiliale und Lotto-Annahmestelle in Bergerhof betreten, die Ladeninhaberin mit einer echt wirkenden Pistole bedroht und das Geld aus der Tages- und der Lottokasse gefordert. Die Frau gab es ihm - zusammen etwas mehr als 800 Euro. Damit verschwand der Mann. Stunden später kam die Polizei in die nahe des Tatorts gelegene Wohnung des 31-Jährigen. Dessen Ehefrau hatte sie gerufen, weil ihr Mann unter Drogen durchgedreht war. Schnell stand fest, dass es sich bei ihm um den Räuber handeln musste. Der 31-Jährige kam in Untersuchungshaft.

Aus der U-Haft heraus wurde der Mann gestern im Amtsgericht Wipperfürth vorgeführt. 90 Minuten später verließ er den Gerichtssaal als - vorerst - freier Mann. Das Schöffengericht hatte ihn zwar zu einer Freiheitsstrafe von 22 Monaten ohne Bewährung verurteilt, gleichzeitig aber den Haftbefehl außer Vollzug gesetzt.

Wann und ob der 31-Jährige seine Strafe antreten muss, wird entscheidend von ihm selbst abhängen: Das Gericht stellte fest, dass er die schwere räuberische Erpressung wegen seiner Drogenabhängigkeit begangen hatte. Er kann nun einen Antrag auf Zurückstellung der Strafverbüßung stellen, wenn er sich in stationäre Langzeit-Therapie begibt und diese durchhält. Eine frühere Therapie hatte er nach vier Monaten abgebrochen, weil er sich für geheilt hielt. Tatsächlich war er schnell wieder rückfällig geworden. In der U-Haft habe er nun selbst erkannt, wie tief er durch die Drogen gesunken sei und wie er sein ehemals recht erfolgreiches Leben als selbstständiger Gastronom ruiniert habe, sagte er unter Tränen aus. Am Tattag hatte der 31-Jährige seiner Aussage zufolge unter starkem Suchtdruck gestanden. Geld für Kokain besaß er nicht, nachdem er sein ehemals über Jahre hinweg gut gehendes Lokal hatte aufgeben müssen: Wegen seiner Drogensucht hatte er es immer schlechter geführt und zu viel Geld aus dem Geschäft genommen, um seinen Kokain-Konsum zu finanzieren. Am 4. Juli habe er spontan gehandelt, eine zu Hause liegende Wollmütze eingepackt, zwei Löcher für die Augen hinein geschnitten und außerdem eine nicht geladene Softair-Pistole, die zu Hause lag, mitgenommen. Damit sei er zur Lotto-Annahmestelle gefahren. Mit dem erbeuteten Geld machte er sich auf den Weg nach Wuppertal, um Kokain zu kaufen und sofort zu konsumieren. Es war so viel, dass er unter Wahnvorstellungen nackt und schreiend durchs Haus lief, bis seine Frau die Polizei rief. Die Beamten stellten den Großteil der Beute sicher, außerdem Spielzeugwaffe und Maske.

Vor Gericht legte der 31-Jährige ein Geständnis ab. Das hielten der Richter und die Schöffen ihm zugute. Sie nahmen dem nicht einschlägig vorbestraften Mann seine Reue über die Tat ab, nachdem er zuvor beteuert hatte: "Ich hätte mich heute gerne bei der Ladeninhaberin entschuldigt, denn ich weiß, was ich ihr angetan habe und empfinde schwere Schuldgefühle." Die Frau war jedoch nicht als Zeugin geladen.

Auf eine Bewährungsstrafe plädierte der Verteidiger, der den Angeklagten als einen "Getriebenen seiner Sucht" bezeichnete. Dem folgte das Gericht nicht, auch wenn es dem 31-Jährigen mit dem Urteil letztlich die Chance auf Therapie statt Strafe gab. Um den Therapieplatz muss er sich selbst bemühen. Glückt das nicht, muss er seine Freiheitsstrafe antreten. - Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

(RP)
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