Radevormwald Entspannung hilft beim Lernen in Ferien

Radevormwald · Für viele Schüler mit einem schlechten Zeugnis steht in den Sommerferien nicht nur freie Zeit an, sondern auch Pauken. Doch wie viel Lernen ist in den Ferien gut? Ratschläge gibt es von der Psychologischen Beratungsstelle Herbstmühle.

 Nach der Zeugnisausgabe starten zwar die Sommerferien, manche Schüler müssen jedoch lernen - etwa für eine Nachprüfung. Den Kindern und Jugendlichen sollte daneben aber genügend Zeit zur Erholung bleiben.

Nach der Zeugnisausgabe starten zwar die Sommerferien, manche Schüler müssen jedoch lernen - etwa für eine Nachprüfung. Den Kindern und Jugendlichen sollte daneben aber genügend Zeit zur Erholung bleiben.

Foto: A. Bretz (Archiv)

Gestern wurden an den Schulen in Nordrhein-Westfalen die Zeugnisse ausgeteilt, und einige Schüler ahnten es schon: Die sechseinhalb Wochen Sommerferien werden sie nicht komplett mit Freizeit auskosten können. Sie müssen pauken, um im nächsten Schuljahr bestehen zu können oder die Nachprüfung zu schaffen. 59 Prozent der Schüler lernen auch in den großen Ferien, ergab eine repräsentative Forsa-Umfrage, die von der Online-Lernplattform "Scoyo" in Auftrag gegeben wurde. Doch wie viel Zeit sollten Schüler in den Ferien mit Lernen verbringen?

Auf der Realschule Radevormwald bleiben pro Klasse durchschnittlich zwei Schüler sitzen. "Diejenigen, die die Nachprüfung am Ende der Ferien machen können, um doch noch versetzt zu werden, bekommen von uns natürlich Bücher und Material für die Vorbereitung", sagt Schulleiter Claus Peter Wirth. Den Schülern mit schlechten Noten geben die Lehrer Lernempfehlungen. "Nur die Oberstufenschüler unserer Schule lernen in den Ferien", sagt Matthias Fischbach-Städing, Leiter des Theodor-Heuss-Gymnasiums. "In den anderen Jahrgängen macht das kaum ein Schüler." Besonders die Fünftklässler zeigten sich uneinsichtig und wollten lieber ihre Ferien genießen. "Wer in ein oder zwei Fächern schlechte Noten hat, kann die Ferien nutzen zum Aufholen. Bei Schülern, die generell schlecht sind, sollte aber über ein Schulwechsel nachgedacht werden", betont Fischbach-Städing.

"Heutzutage gibt es viele Möglichkeiten, den Abschluss zu bekommen. Umwege sind da nicht schlimm", sagt Ansgar Nowak, der vorgestern als Leiter der Psychologischen Beratungsstelle Herbstmühle in Wipperfürth in den Ruhestand verabschiedet wurde. "Eltern wollen immer das Beste für ihre Kinder, aber das ist nicht unbedingt immer der geradlinige Weg zum Abitur." Der Diplom-Psychologe weiß, dass sich viele Eltern um ihre Kinder sorgen, wenn deren Leistungen abfallen: "Sie haben Angst, dass ihr Kind versagen könnte und später den Sprung in die Arbeitswelt nicht schafft."

Aber was sollten Eltern machen, wenn ihrem Kind das Sitzenbleiben droht? "Erst einmal Ruhe bewahren", stellt Nowak klar. Sitzenbleiben sei kein Weltuntergang. "Selbst die klügsten Köpfe haben schon einmal ein Jahr wiederholen müssen." Eltern sollten in Ruhe mit ihrem Kind über die Situation sprechen und gemeinsam die Ferien planen. "Ein bis zwei Wochen können in den Sommerferien fürs Lernen eingeplant werden. Am besten am Ende der Ferien", sagt Nowak. Die restliche Zeit sollte aber ganz klar frei von dem Thema sein; die Eltern sollten ihre Kinder nicht auf die schlechten Noten hinweisen.

Die Enttäuschung über das schlechte Zeugnis dürften Eltern nicht an ihren Kindern auslassen, betont Nowak: "Sie müssen ihre eigenen Emotionen zurückhalten und dem Kind viel Raum geben, es fragen, wie es ihm geht." Die eigenen Gefühle könnten die Eltern mit dem Partner oder Freunden besprechen. Auch beim Lernen sollten sich Eltern eher zurückhalten. "Häufig ist es entspannter, wenn Verwandte, Bekannte oder Außenstehende Nachhilfe geben", sagt der Psychologe.

Manche Kinder brauchen laut Nowak einfach mehr Zeit für ihre Entwicklung. Daher sollten Kindheit und Jugend nicht von Lerndruck überlagert werden. Der habe in den vergangenen Jahren mit G8, dem Abitur nach acht Jahren, ohnehin zugenommen. "Viele Schüler fühlen sich unter Druck gesetzt, besonders in der Oberstufe", erklärt Nowak.

In der Beratungsstelle meldeten sich vor allem viele Mädchen im Alter von 15 bis 18 Jahren. "Sie kommen aus dem Lernmodus nicht mehr heraus und können sich nicht mehr entspannen. Für gutes Lernen braucht es aber Entspannung", sagt der Psychologe. Symptome für Lernstress seien unter anderem Schlaflosigkeit und Unruhe. "Häufig hilft es, wenn man sich vor Augen führt, welche Kleinigkeiten einem Spaß machen, zum Beispiel Musik hören", sagt Nowak. Wenn alles nur noch ums Lernen kreise und Dinge, die früher Spaß gemacht haben, nicht mehr Freude bereiteten, dann sei das bedenklich. Nowak: "Die betroffenen Schüler sollten auf jeden Fall darüber reden, mit Freunden, Familienangehörigen oder mit professionellen Beratern."

(eler)
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