Serie Ehrenamt Der Donnerstag gehört dem Chor

Radevormwald · Joachim Sommer singt seit 53 Jahren im katholischen Kirchenchor. Eine Probe verpasst er als Vorsitzender nur im Notfall.

 Joachim Sommer trat vor mehr als 50 Jahren in den katholischen Männerchor ein. Auch sein Vater und Großvater sangen dort.

Joachim Sommer trat vor mehr als 50 Jahren in den katholischen Männerchor ein. Auch sein Vater und Großvater sangen dort.

Foto: P. Meuter

Radevormwald Singen hat Familientradition. Als Joachim Sommer vor mehr als 50 Jahren in den katholischen Männerchor "Caecilia" St. Marien eintrat, sangen sein Vater und sein Großvater auch in dem Chor mit. Dass die Männer der Familie donnerstags wegen der Probe verhindert sind, war und ist allseits bekannt. Freunde und Familie richten sogar ihre Feste nach diesem Tag aus und zeigen Verständnis für das Hobby der Männer.

Joachim Sommer ist dafür dankbar. "Ich weiß, das ist nicht selbstverständlich. Der Chor ist für mich aber mehr als ein Hobby", sagt der 74-Jährige. Genau wie sein Vater hat er ein großes Verantwortungsgefühl gegenüber dem Chor entwickelt: Seit mehr als 30 Jahren ist er mittlerweile Vorsitzender.

Die Zeit nimmt er sich nicht nur als Rentner gerne, sondern hat das auch während seines Berufslebens mit viel Herzblut gemacht. "Ich habe bei der Sparkasse gearbeitet und hatte sehr regelmäßige Arbeitszeiten. Davon habe nicht nur ich, sondern auch der Chor profitiert", sagt Sommer. Dass viele Erwachsene heute keinen Kopf mehr für ehrenamtliches Engagement haben, versteht er. Die Zeit wird knapper, der Stress größer. "Die Arbeitszeiten sind unberechenbar geworden, darunter leidet auch unser Chor", sagt er.

Um den Zeitdruck bei der Suche eines Nachfolgers zu nehmen, hat Joachim Sommer angeboten, noch solange wie möglich als Vorsitzender an der organisatorischen Spitze des Chores zu bleiben. "Ich mache das gerne. Nachwuchs wäre trotzdem gut und irgendwann brauche ich gezwungenermaßen einen Nachfolger", sagt er. Momentan besteht der Chor aus 14 Sängern.

Das war zu Hochzeiten anders. Der 153-jährige Chor bestand in seinen besten Jahren aus mehr als 40 Sängern, die vierstimmige Kompositionen umsetzten. Heute singt der Männerchor nur noch zweistimmig unter der musikalischen Leitung von Kantor Bernhard Nick. Er versucht, mit wenigen Sängern das Bestmögliche aus dem Chor herauszuholen. Dort gehört man mit Anfang 50 zu den "Küken". Immer neue Stücke zu erlernen und diese außerhalb der eigenen Gemeinde zu präsentieren gehört für Joachim Sommer dazu.

Er hat in seinem Leben unzählige Erinnerungen mit seinen Chorkollegen gesammelt. Sommer erinnert sich an die vielen Konzerte und Reisen, die sie gemeinsam unternommen haben. "Es gibt Momente, die ich nie vergessen werde. Die Reisen waren toll, wir haben viel gesehen", sagt er. Noch wichtiger sei allerdings das Vertrauensverhältnis zwischen ihm, dem Dirigenten und der geistlichen Leitung der Gemeinde. "Wenn die Beziehungen nicht so vertraut und harmonisch wären, hätte ich sicherlich nicht so viel Zeit in den Chor investiert", sagt er.

Wie viele Ehrenamtler in Radevormwald will Joachim Sommer nicht mehr auf die sozialen Kontakte, die durch das Ehrenamt entstanden sind, verzichten. Ehrenamt ist nicht nur Nächstenliebe oder die Gestaltung des öffentlichen Stadtlebens, sondern auch der Erhalt sozialer Kontakte, die vor allem im Alter wichtig werden. "Wer in einem Chor singt, ist nie alleine und gewinnt neue Freunde - manchmal sogar für ein ganzes Leben."

(trei)
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