Radevormwald Bewerber-Rückgang bei Ausbildungen

Radevormwald · Die Agentur für Arbeit Bergisch Gladbach hat die Daten des Ausbildungsjahres 2016/2017 analysiert: Im Oberbergischen Kreis sinkt das Interesse von Jugendlichen an Ausbildungen. Außerdem meldeten die Firmen weniger freie Stellen.

 Obenauf: Bei den Dachdeckern zeigt sich ein klarer Aufwärtstrend.

Obenauf: Bei den Dachdeckern zeigt sich ein klarer Aufwärtstrend.

Foto: Henning Kaiser/dpa

Unbesetzte Ausbildungsstellen trotz Bewerberüberschuss: Im Ausbildungsjahr 2016/2017 sanken die Bewerberzahlen im Oberbergischen Kreis, gleichzeitig meldeten weniger Firmen Ausbildungsplätze an die Agentur für Arbeit. Aufgrund dessen konnten weniger Bewerber eine Ausbildung beginnen als im Vorjahr. Die Anzahl der unbesetzten Stellen stagnierte.

2109 Jugendliche suchten nach einer Ausbildung (minus 1,7 Prozent), 105 von ihnen haben noch keinen Ausbildungsplatz gefunden - ein deutlicher Anstieg um 29,6 Prozent. In Oberberg wurden der Arbeitsagentur bis Ende September 1542 Ausbildungsstellen gemeldet - das sind 5,8 Prozent weniger als im Vorjahr. 120 davon blieben allerdings unbesetzt (plus 16,5 Prozent).

"Weniger gemeldete Ausbildungsstellen und mehr unversorgte Bewerber - diese Situation kann uns nicht zufrieden stellen", sagt Stefan Krause, Vorsitzender der Geschäftsführung der Arbeitsagentur Bergisch Gladbach. Daher läuft aktuell eine Nachvermittlungsphase: Auch jetzt können noch Ausbildungsverträge abgeschlossen werden. "Ziel ist, noch möglichst viele Jugendliche und Arbeitgeber zusammenzubringen", erklärt Krause. Informationen zu diesem Prozess erhalten Bewerber und Arbeitgeber bei den IHK-Beratungsstellen, der Kreishandwerkerschaft sowie der Arbeitsagentur.

"Die Lage in unserem Bezirk ist ernst", sagt Marcus Otto, Hauptgeschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Bergisches Land. "Bereits jetzt ist abzusehen, dass durch fehlende Ausbildungsverträge künftig Versorgungslücken entstehen." Diese könnten sich negativ auf die wirtschaftliche Entwicklung der gesamten Region auswirken. "Es muss deutlich gemacht werden, dass eine qualifizierte berufliche Ausbildung gleichwertig zur akademischen Bildung ist", sagt Otto. "Ein Meister verdient in seinem Leben ähnlich viel wie ein Bachelor-Absolvent."

Innerhalb der Berufsbilder hat es über die Zeit jedoch starke Schwankungen gegeben: Verlierer der aktuellen Entwicklung sind vor allem Friseure, Maler, Lackierer und Zimmerer. In diesen Jobs wurden weniger Verträge geschlossen. "Das ist kein gutes Signal für kundennahe Dienstleistungen", kritisiert Marcus Otto. Profiteure sind hingegen Bäcker, Kfz-Mechatroniker, Dachdecker und Tischler - bei ihnen zeigt sich ein klarer Aufwärtstrend. Eine stabile Situation auf dem oberbergischen Ausbildungsmarkt verzeichnen Handwerker, Anlagenmechaniker sowie Heizungs- und Klimatechniker.

"Trotz einiger Erfolge ist die Situation auf dem Ausbildungsmarkt weiter angespannt", sagt Marcus Otto. "Arbeitsplätze in Industrie und Verwaltung werden von Eltern häufig als sicherer und lukrativer wahrgenommen. Die Handwerksbetriebe sind jedoch nicht weniger attraktiv." Tischler seien heute im komplexen Ladenbau tätig und müssen mit moderner Technik arbeiten. Auch Bäckermeister bieten mittlerweile ein anspruchsvolleres Angebot, um auf Lebensmittel-Unverträglichkeiten sowie Ernährungstrends zu reagieren.

Bei Zweifeln an der Eignung der Bewerber haben Unternehmen die Möglichkeit einer sogenannten Einstiegsqualifizierung: Firmen können dabei die Fähigkeiten junger Menschen sechs bis zwölf Monate lang im Arbeitsalltag testen. Funktioniert die Zusammenarbeit, wird ein Vertrag geschlossen - die Zeit der Einstiegsqualifizierung kann dann angerechnet werden.

Auch im Bezirk der Industrie- und Handelskammer (IHK) Köln gab es einen Rückgang bei den Ausbildungsverträgen - um 1,1 Prozent. Die negative Entwicklung betrifft jedoch ausschließlich den kaufmännischen Bereich, während industriell-technische Berufe weiterhin sehr gefragt sind. "In Bereichen, die keine Stellen aufbauen, wird auch weniger ausgebildet", sagt Michael Sallmann, Leiter der IHK-Geschäftsstelle Oberberg. "Die hohe Nachfrage belegt die gute konjunkturelle Lage der Industrie im Obergischen Kreis."

(mba)
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