Radevormwald Asylbewerber berichten über ihr Leben

Radevormwald · Die Asylbewerber, die in der ehemaligen Grundschule an der Blumenstraße/Neustraße untergebracht sind, haben auf ihrer Flucht zwar alles verloren. Aber den Glauben an eine gute Zukunft haben sie nicht verloren. Die BM hat sie besucht.

Diese Menschen helfen Flüchtlingen
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Foto: Tinter, privat (6), Dackweile, Kaiser, evers, Miserius, Blazy (2), Strücken, Malz, Knappe

Die Männer und Frauen, die im Asylbewerberheim an der Blumenstraße wohnen, haben alles, was ihnen wichtig ist, in der Heimat gelassen. Familie, Freunde, Beruf und ihr gesamtes Hab und Gut mussten zurückbleiben. Was sie auf ihrem langen und gefährlichen Weg in die Sicherheit nicht verloren haben, ist ihre Zuversicht in eine bessere Zukunft.

So wie Ferej Mussa. Der 23-jährige kam aus Eritrea, wo er aus reiner Willkür inhaftiert wurde. Niemand wusste, wie lange diese Haft dauern sollte, in der er auch körperlicher Gewalt erleiden musste. Nach zwölf Monaten nutzte er eine Chance zur Flucht, bei der er aber seine Familie zurücklassen musste. "Ich werde sie wohl nie wieder sehen", ist er sich sicher. "denn wenn ich jemals wieder Eritrea betrete, werde ich getötet."

Aktuell hat er die Chance auf eine Arbeitsstelle. Ein Ziel, dass alle Bewohner haben. "Allerdings gibt es da viele bürokratische Hürden zu überwinden", sagt Horst Kirschsieper, der sich in seiner Freizeit intensiv um die Asylanten kümmert.

 Horst Kirschsieper (3.v.r.) kümmert sich ehrenamtlich um die Asylbewerber in der Unterkunft an der Blumenstraße/Neustraße. Einige der Bewohner sind schwer traumatisiert.

Horst Kirschsieper (3.v.r.) kümmert sich ehrenamtlich um die Asylbewerber in der Unterkunft an der Blumenstraße/Neustraße. Einige der Bewohner sind schwer traumatisiert.

Foto: jürgen moll

Hilfe braucht auch El-Hady Diallo. Der 22-jährige Guineer lebt mit seiner Frau und einem Baby seit 18 Monaten in Rade. Für ihn bestand die einzige Überlebensmöglichkeit in der Flucht. Während eines Bürgerkrieges in seinem Heimatland wurden seine Freunde vor seinen Augen erschossen. Um diesem Schicksal zu entgehen, nahm er den gefährlichen Weg nach Deutschland auf sich. Hier sorgt er sich jetzt vor allem darum, wie er seine kleine Familie ernähren kann.

"In Guinea hatte ich eine Reparaturwerkstatt für Uhren und Computer. Diese Fertigkeiten würde ich hier gerne wieder einsetzen", erzählt er. Wie viele andere Bewohner des Heims nutzt er jede Möglichkeit, sich in Rade entsprechend seiner Begabungen einzubringen. Über den Hilfsverein oder den Reparatur-Treff von "aktiv55plus" helfen sie bei Umzügen, reparieren Elektrogeräte oder versuchen, auf vielen Wegen in Kontakt mit der Bevölkerung zu treten.

Die Offenheit der einheimischen Bevölkerung gegenüber haben die Asylbewerber nicht zuletzt von Yousef Yaghmour gelernt. Der 35-jährige Syrer ist vor einem Jahr vor dem Krieg in seiner Heimat geflohen und seit ein paar Tagen als Flüchtling anerkannt. "Jetzt kann ich endlich meine Familie nachholen, die die gefährliche Flucht nur bis in die Türkei geschafft hat", freut er sich, denn seit fast einem Jahr hat er Frau und Kinder nicht gesehen. "Das war eine harte Zeit, aber wären wir in Syrien geblieben, wären wir erschossen worden oder hätten andere erschießen müssen", ist er sich sicher.

Der Ingenieur hofft, wieder in seinem Beruf arbeiten zu können, um in Deutschland eine Zukunft zu haben. "Aber wenn in Syrien wieder Ruhe einkehrt, möchte ich zurück und helfen, mein Land wieder aufzubauen." Alle Asylanten verbinden schwere Schicksalsschläge und die Hoffnung, in Deutschland ein menschenwürdiges Leben verbringen zu können. "Alles was wir hier tun müssen, um uns zu integrieren ist schwer, aber es ist in nichts zu vergleichen mit dem, vor dem wir geflohen sind", sagt Yaghmour.

Im Moment leidet Gerald Atiigah am meisten unter der aktuellen Situation. Seine Mutter musste sich Geld leihen, um seine Flucht aus Ghana zu bezahlen. Von dem, was er dort erlebt hat und von der gefährlichen Reise ist der junge Mann noch schwer traumatisiert. Seine Gedanken sind immer bei seiner Mutter, die nun von den Geldverleihern bedroht und angegriffen wird, weil sie nicht in der Lage ist, das geliehene Geld zurückzuzahlen, das ihr Sohn ihr schicken müsste.

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Foto: dpa, mb soe

Aber der hat aktuell keine Chance, hier Geld zu verdienen. Zwar hat Gerald Atiigah die High-School besucht und erste Erfahrungen in der Arbeit eines Elektrikers gesammelt, aber "hier müsste er erst einmal eine Ausbildung beginnen, da die Technik völlig anders ist als in Afrika", sagt Kirschsieper.

"Meine Mutter wird getötet, wenn sie nicht zahlt", sagt Atiigah. Eine erschreckende Aussage, denn mit gerade einmal 1150 Euro könnte das Leben der Mutter gerettet werden.

(gede)
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