Radevormwald 18-Jähriger will Schluss machen mit Straftaten und rechter Szene

Radevormwald · Mit starken Taten ist ein fast 19-Jähriger noch nicht aufgefallen, aber mit halbstarken Sprüchen. Damit soll Schluss sein: Der junge Mann hat sich vor Wochen eine Arbeit und eine Lehrstelle im Handwerk gesucht, die er im September antreten kann.

Von der rechtsradikalen Szene in seiner Heimatstadt und deren üblen Einflüssen habe sich der Rader nach vier Jahren gelöst: Das sagte sein Verteidiger im Prozess vor dem Amtsgericht in Wipperfürth. Bei dem Jugendrichter stieß das auf offene Ohren. Im Einvernehmen mit dem Staatsanwalt stellte er das Verfahren gegen den 18-Jährigen gestern gegen Auflagen vorläufig ein.

Die Anklage - es war nicht die erste gegen den Heranwachsenden - lautete auf Beleidigung, Bedrohung und Widerstand. Begonnen hatte alles an einem Tag im Mai 2015 auf einer Kirmes in Wuppertal. Dort hatte der Rader, der mit Freunden unterwegs war, zwei Polizeibeamte auf Streife lautstark als "Bastarde" beschimpft. Danach wurde auf einer Party in einer Privatwohnung weiter getrunken, gefeiert und gegröhlt - bis Anwohner die Polizei riefen.

Die wurde schon auf der Straße mit Hooligan-Gesängen, die aus den geöffneten Fenstern drangen, empfangen. Die Polizisten mahnten zur Ruhe, doch schon als sie das Haus verließen, hörten sie das Gedröhne aus wieder voll aufgedrehten Lautsprechern. Diesmal verwiesen die Beamten die Partygäste der Wohnung, darunter auch den Rader. Der reagierte mit Gegröhle: "Ich liebe Adolf Hitler...", habe er gesungen, mit dem Kopf um sich geschlagen und einem Beamten gedroht: "Ich werde dich finden, dich und deine Familie, dann bringe ich euch alle um." Schließlich gelang es den Polizisten, die Verstärkung angefordert hatten, den 18-Jährigen trotz heftiger Gegenwehr festzunehmen. Wie sich später herausstellte, war er betrunken. Ob die 1,8 Promille im Blut ausreichten für die Erinnerungslücken, von denen er gestern vor Gericht berichtete, blieb offen. Das Kerngeschehen gestehe sein Mandant ein, sagte der Verteidiger. Was genau er gesagt habe, wisse er nicht mehr, beteuerte der Angeklagte. Das Hitler-Lied habe er aber nicht gesungen - "mache ich nie".

In dem Strafverfahren spielte rechtsradikales Gedankengut, anders als die Beleidigung und der Widerstand, keine Rolle. Die kurze Entschuldigung des Angeklagten bei einem der Polizisten, der als Zeuge geladen war, sah der Richter als Zeichen der Reue. Auch das Geständnis wertete er positiv.

Als "tätige Reue" muss der 18-Jährige 15 Sozialstunden ableisten. Eine weitere Auflage ist die Zahlung von 750 Euro an die Staatskasse. Bis zum Beginn seiner Ausbildung muss der junge Mann die gemeinnützige Arbeit geleistet und das Geld bezahlt haben, damit das Verfahren endgültig eingestellt wird. "Dann können Sie in Ihr neues Leben starten", sagte der Richter.

(bn)
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