Neuss Zwei Bewerber, ein Ziel: CDU neu aufstellen

Neuss · Am Dienstag wählen die Neusser Christdemokraten einen neuen Vorsitzenden. Beim MIT-Lunch stellten sich die beiden Bewerber vor. Brautmeier will die Partei vom "Kopf auf die Füße stellen", Rosen fordert "gesunden Wettstreit der Ideen".

 Der Gastgeber, MIT-Chef Klaus Goder (r.), und die beiden Bewerber für den CDU-Vorsitz: Jürgen Brautmeier (l.) und Sebastian Rosen.

Der Gastgeber, MIT-Chef Klaus Goder (r.), und die beiden Bewerber für den CDU-Vorsitz: Jürgen Brautmeier (l.) und Sebastian Rosen.

Foto: A. Woitschützke

Die Sprache von Sebastian Rosen (43) ist robust: "Ruhe in der Partei ist schlecht. Ich will einen gesunden Wettstreit der Ideen ermöglichen." Jürgen Brautmeier (63), am Dienstag (20.) Rosens Mitbewerber um den Vorsitz in der Neusser CDU, formuliert es eleganter, verfolgt aber das gleiche Ziel: die Neuaufstellung der Stadtpartei. Er spricht von Öffnung, vom Zuhören und vom Aufbau, der von unten erfolgen müsse - er will, wie er es früher schon einmal ausdrückte - die Partei "vom Kopf auf die Füße stellen".

Mit ihrem Bekenntnis zur Veränderung trafen beide Kandidaten die Stimmung am Mittagstisch der Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung (MIT), die gestern zum politischen Lunch im Vorfeld der Mitgliederversammlung der Neusser CDU geladen hatte: Immer wieder wurde - zum Teil heftige - Kritik an der Parteiarbeit der vergangenen 15 Jahre laut und damit auch Kritik am langjährigen Vorsitzenden Jörg Geerlings (45), der nach 13 Jahren im Amt Anfang März erklärt hatte, dass er auf eine erneute Kandidatur verzichten werde.

Ulrich Gross, dessen Amtszeit als Hafen-Geschäftsführer demnächst ausläuft, warf der CDU, der er nicht angehöre, vor, in den vergangenen 15 Jahren ihre Glaubwürdigkeit verspielt zu haben. Bevorstehenden Entscheidungen sei in "obskuren Zirkeln, die in Hinterzimmern tagen", die gewünschte Richtung vorgegeben worden: "Es geht immer nur um Machterhalt, nicht darum, etwas Sinnvolles zu gestalten." Ratsfrau Ulla von Nollendorf beklagte, es fehle parteiintern an "fundierten Arbeitskreisen mit einer engagierten Führung". Und Elke Schemel aus dem Vorstand der Frauen Union wunderte sich: "Wie kommt es eigentlich zu diesen beiden Kandidaten für den CDU-Vorsitz? Wir Frauen wussten gar nicht, dass so kurzfristig ein neuer Vorsitzender gesucht werden muss." Sie hätte sich auch eine Kandidatin gewünscht.

Den kurzfristigen Verzicht des langjährigen Vorsitzenden kritisierte auch MIT-Chef Klaus Goder, der gestern Mittag die Diskussion der 20 Gäste in der "Bürger" moderierte. Dass Sebastian Rosen, seit Jahren ein unüberhörbarer Geerlings-Kritiker, dem verbal folgte, überraschte nicht, wohl aber, dass auch der zweite Bewerber, Jürgen Brautmeier, sich vom Verfahren und einer offiziellen CDU-Pressemitteilung distanzierte, die wohl ihn als Kandidaten auflistete, nicht aber Sebastian Rosen, der zuvor ebenfalls erklärt hatte, für den Vorsitz kandidieren zu wollen, wenn Geerlings nicht mehr zur Verfügung stehe. "Mein Stil wäre ein anderer", sagt Brautmeier gestern, "ich würde künftig alle zur Kandidatur einladen, die Interesse haben." Er lege Wert auf die Feststellung, dass er nicht der Vorschlag des Vorsitzenden sei.

So geriet die als Kandidaten-Vorstellung gedachte MIT-Veranstaltung in weiten Teilen mehr zur Generalabrechnung mit der Ära Geerlings. Welche politischen Themen die Kandidaten Brautmeier und Rosen im Falle ihrer Wahl mit Priorität aufrufen werden, blieb unscharf. Michael Werhahn, vor zwei Jahren Geerlings in einer Kampfabstimmung um den Neusser Parteivorsitz Jörg Geerlings unterlegen, sieht, dass sich viele Unzufriedene von der CDU abwenden. Sein Appell: "Wir müssen diese Unzufriedenen abholen, ohne uns deren Themen und Thesen zu eigen zu machen."

(-lue)
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