Blaues Sofa Waltraud Beyen "Wir sollten Willkommens-Kultur vorleben"

Neuss · Die CDU-Stadtverordnete spricht im Talk mit NGZ-Redaktionsleiter Ludger Baten über ihr Engagement als Kümmerin im Stadtteil Norf, den Umgang mit Flüchtlingen und den anstehenden Bürgermeister-Wahlkampf.

 "Die Stadt lebt auch von Norf" - das sagt die CDU-Stadtverordnete Waltraud Beyen im Gespräch mit NGZ-Redaktionsleiter Ludger Baten.

"Die Stadt lebt auch von Norf" - das sagt die CDU-Stadtverordnete Waltraud Beyen im Gespräch mit NGZ-Redaktionsleiter Ludger Baten.

Foto: Woitschützke

Neuss Sie sieht sich selbst als engagiert, authentisch, etwas bewegend. Manchmal sei sie aber auch frustriert: Waltraud Beyen (72) ist Unternehmerin aus Norf, Brauchtums-Ikone und Migranten-Kümmerin. Seit 1981 engagiert sich die Inhaberin einer Gebäudereinigungsfirma politisch - als Stadtverordnete, im Vorstand der CDU und als Vorsitzende des Deutsch-Türkischen Forum. Jetzt stellte sie sich auf dem blauen NGZ-Sofa im "Vogthaus" - den Fragen von NGZ-Redaktionsleiter Ludger Baten. Eine Talkrunde, unterstützt von der Düsseldorfer Privatbrauerei Frankenheim.

Frau Beyen, Sie stammen aus Steffeln, haben das Eifel-Dörfchen früh verlassen, Arbeit in der Hotelbranche begonnen, als alleinerziehende Mutter drei Töchter großgezogen, für den Lebensunterhalt gekämpft. Sie hätten doch auch ganz gut zu den Sozialdemokraten gepasst? Warum haben Sie sich der CDU angeschlossen?

Waltraud Beyen Die Sozialdemokraten haben doch keine christlichen Werte. Daher habe ich bei der CDU eine politische Heimat gesucht. Meine Lebenserfahrung: Leistung muss sich lohnen. Also CDU. Und in Norf habe ich mich direkt wohlgefühlt.

Und sind gleich mit der kommunalen Neugliederung konfrontiert worden, bei der Norf zu Neuss kam. War das schlimm?

Beyen Wir waren durch Handel und Industrie eine reiche Gemeinde mit kompetenten Politikern wie Graf Pfeil und Rudi Leiser. Konnten selbst bestimmen, wo der Weg langgeht.

Sie sind wohl kein Freund von größeren Einheiten?

Beyen In kleineren Einheiten mit gesunden Strukturen werden die Probleme vielfach einfacher gelöst.

Sie haben im Gegensatz zu anderen Stadtteilen aber doch in Norf den Bezirksausschuss.

Beyen In dem erfreulicherweise alle Politiker an einem Strang ziehen. Doch der Bezirksausschuss hat lediglich eine beratende Funktion. Wir können zwar Beschlüsse fassen und werden auch gehört. Mehr aber auch nicht. Und was kann ein Gremium bei aktuellen Problemen bewegen, wenn es sich drei Mal jährlich trifft?

Sollte die Stadt dankbar sein, dass sie 1975 bei der kommunalen Neugliederung so große Gewerbeflächen mitbekommen hat?

Beyen Die Stadt lebt auch von Norf. Also sollte sie mehr vor Ort tun.

Das sagen Sie als Stadtverordnete im Neusser Rat?

Beyen Ich kämpfe in erster Linie für Norf; mit dem ganzen Gewicht eines gewonnenen Wahlkreises. Und das in einem von Arbeitern geprägten schwierigen Revier. Schließlich habe ich sogar den Bürgermeister-Kandidaten der SPD geschlagen. An dem mir übrigens am meisten gefällt, dass er immer gut angezogen ist. Ich stimme aber auch, wenn nötig, Neusser Plänen zu.

Schaut man sich Ihre Vita an, so zeigt sich besonders Ihr ausgeprägtes soziales Gewissen. Was geht Ihnen durch den Kopf, wenn sie die dramatischen Flüchtlingsbilder im Mittelmeer sehen?

Beyen Es kann nicht sein, dass Menschen ihr Leben riskieren und wir nichts tun. Wir sollten eine Willkommens-Kultur vorleben. Und diese Flüchtlinge aufnehmen und auch vor Ort helfen.

Auch auf Neuss rollt eine Flüchtlingswelle zu. Eine Hochrechnung geht ab April von 40 bis 50 Neuankömmlingen aus. Um auf Ihre Forderung zurückzukommen: Wie sieht unsere Willkommens-Kultur aus?

Beyen Zunächst geht es darum, als Christdemokraten die Verwaltung in ihrer Arbeit zu unterstützen. Die Norfer Bürger haben auch schon in der Vergangenheit das Willkommen vorbildlich praktiziert und die Menschen integriert in Sport und Freizeit. Dazu gehören auch kirchliche Einrichtungen. Aber: Nicht nur reden oder vorbeten - auch mitmachen. So wie Sponsoren, die beispielsweise den Nachhilfeunterricht für Migrantenkinder unterstützen. Wir sollten uns aber auch fragen, warum diese Menschen derartige Risiken auf sich nehmen. Und bei uns müssen wir aufpassen, dass Flüchtlinge nicht besser gestellt sind, als andere Bürger. Um eine Neiddebatte zu vermeiden.

Sie haben in Norf zahlreiche ausländischen Mitbürgern und sogar eine Moschee. Eine besondere Herausforderung?

Beyen Mehr Respekt vor anderen Religionen würde der Welt gut tun. Jeder Bürger sollte seine Religion leben können. Und Neusser sollten einmal die Moschee besuchen. Anschauen, diskutieren und einen Brückenschlag finden.

Es steht die Bürgermeister-Wahl an. Wird Thomas Nickel die Wahl gewinnen?

Beyen Es ist schwieriger geworden, doch wir schaffen das. Nickel, wer denn sonst! Ich hätte mit aber auch eine Frau als Kandidatin gewünscht.

Welche Themen wünschen und erwarten Sie im Wahlkampf?

Beyen Vor allem die Förderung von Vereinen, Sport und Jugend. Die CDU sollte die Chance nutzen, die Erfolge der vergangenen Jahre stärker herauszuarbeiten.

Sie verstehen sich bei Ihrem Engagement für die Jugend, für das Brauchtum und für die Mitbürger als eine Art ehrenamtliche Sozialarbeiterin.

Beyen Das kann man so nennen. Denn was wir brauchen, sind Stadtteil-Kümmerer. Und so einer will ich sein.

Sie haben drei Wünsche frei. Was wären die?

Beyen 1. Den Frieden. 2. Dass Norf einen Kunstrasenplatz bekommt und 3. Dass alles so bleibt, wie es ist und sich nur das ändert, was für Norf gut ist.

(NGZ)
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