Neuss Ursula von Schönfeld gibt nach 19 Jahren den "igll"-Vorsitz ab

Neuss · Wer Ursula von Schönfeld erlebt, kann sich kaum vorstellen, dass sie Zeiten hinter sich hat, die die fröhliche, energische und kämpferische Juristin als "ganz, ganz tiefes Loch" beschreibt. Das war vor 25 Jahren, als ihr zweites Kind Johanna mit Down-Syndrom auf die Welt gekommen war. Zu dem persönlichen Schock kamen auch Anfeindungen und Vorwürfe. Doch von Schönfeld ließ sich nicht beirren, gebar zwei weitere gesunde Töchter, ließ sich als Richterin beurlauben und kämpft seit Johannas drittem Geburtstag für die Inklusion von Kindern mit Behinderung.

 Ursula von Schönfeld hat den Vorsitz bei "igll" abgegeben.

Ursula von Schönfeld hat den Vorsitz bei "igll" abgegeben.

Foto: L. Berns

1997 gründete sie gemeinsam mit 30 anderen - darunter die heutige CDU-Stadtratsvorsitzende Helga Koenemann sowie Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe - die "Initiative gemeinsam leben & lernen", kurz igll. 19 Jahre lang hatte sie den Vorsitz inne, jetzt hat sie den Staffelstab weitergegeben. Den Verein führen jetzt Antje Wiedemuth und Hermann-Josef Wienken als Doppelspitze.

Der Igel im Logo steht für das Selbstverständnis des Vereins: Er zeige die Stacheln, sei aber auch ganz weich, so von Schönfeld. Mit seinen mittlerweile 160 Mitgliedern verstehe sich igll als Motor der schulischen Inklusion in Neuss. Lästig sein, aber nicht querschießen, fordern, aber auch mitgestalten - so arbeite der Verein, der Anlauf- und Informationsstelle für Betroffene und Interessierte ist.

Rückblickend hat igll viel erreicht: "1997 gab es gerade mal fünf Kinder mit Behinderung an der Bodelschwingh-Grundschule, die Inklusion erfahren haben", so von Schönfeld. Heute besuchen 900 behinderte Schüler an mehr als 50 Schulen im Rhein-Kreis den gemeinsamen Unterricht an Grund- und weiterführenden Schulen.

Was zunächst wirkt wie eine einleuchtende Entwicklung, war jedoch ein steter Kampf. Das katholische Ehepaar von Schönfeld - beide in der Gemeinde aktiv - hatte sich eigentlich gewünscht, dass Johanna in den katholischen Kindergarten gehen könne wie ihre Geschwister. Doch das war nicht gewollt und auch eine Einschulung Johannas an der Münsterschule nicht möglich. Dabei gab es bereits seit 1995 ein Gesetz, das Inklusion - damals sprach man noch von Integration - erlaubte. Inklusion sei eben kein leichter Weg, sagt von Schönfeld, die auch erreicht hat, dass es Projekte wie inklusive Tanzkurse in Kooperation mit der Lebenshilfe oder inklusive Jugendarbeit im Haus der Jugend mit Förderung durch die Aktion Mensch gibt. Als Tiefschlag aber erlebte sie im Jahr 2009 die Entscheidung des Erzbistums, am Berufskolleg Marienhaus keine Förderklasse einzurichten. "Das", gibt sie zu", hat weh getan."

(BroerB)
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