Thomas Geisel "Unsere Nachbarn müssen partizipieren"

Neuss · Auf dem blauen NGZ-Sofa sprach Düsseldorfs Oberbürgermeister über die Tour de France, regionale Zusammenarbeit und den Hafen.

 Thomas Geisel im Gespräch mit Ludger Baten.

Thomas Geisel im Gespräch mit Ludger Baten.

Foto: Andreas Woitschützke

Herr Geisel, Sie sind mit dem Auto gekommen. Sonst sieht man Sie ja eher mit dem Fahrrad. Was ist los?

Thomas Geisel Ich bin sonst viel mit dem Fahrrad unterwegs, aber ich muss gestehen, dass mir in der knappen Zeit die Etappe nach Neuss ein bisschen zu weit war.

Radfahren, die Tour de France ist das große Thema in Düsseldorf. Was erwarten sie davon?

Geisel Es ist auf jeden Fall das größte Ereignis, das uns in diesem Jahr ins Haus steht - nicht nur in Düsseldorf, sondern für die ganze Region. Auch hier in Neuss, Kaarst oder Mönchengladbach ist das Tourfieber schon ausgebrochen. In Düsseldorf sind wir dank unserem kompetenten Team mit den Vorbereitungen so langsam auf der Zielgeraden.

In Neuss hat sich Bürgermeister Knapp einst auch für die Tour interessiert, in Düsseldorf war es Joachim Erwin. Haben Sie das Thema geerbt?

Geisel Ich erhebe keinen Anspruch auf irgendein "Copyright". Eine der ersten Dinge, die mir Stadtdirektor Burkhard Hintzsche nach meinem Amtsantritt gesagt hat, war, dass Erwin sich bewerben wollte, und ob wir das nicht weiterführen wollen. Er wusste, dass die Idee bei mir auf fruchtbaren Boden fallen würde. Letztlich geht damit auch ein Traum von Joachim Erwin in Erfüllung.

Vor der Tour kommt ja noch die Tischtennis-WM.

Geisel Ebenfalls ein Mega-Ereignis! Borussia Düsseldorf ist wahrscheinlich die erfolgreichste Mannschaft der Welt. Nicht einmal der FC Bayern hat so viele Meisterschaften gewonnen. Tischtennis ist bei uns in Deutschland zwar nicht ganz so bekannt wie in China und Japan, wo hunderte Millionen vor den Bildschirmen sitzen werden - dafür wird Düsseldorf auch mit der Tischtennis-WM in die Welt gebracht.

Beim Handball geht uns mit dem Neusser HV durch die Kooperation mit Düsseldorf eine Mannschaft verloren, oder nicht?

Geisel Nein, ich glaube, das ist eine sehr gute Form regionaler Zusammenarbeit. In Düsseldorf gibt es die attraktiveren Hallen und den ein oder anderen Sponsoren, aber ich finde nicht, das durch die "Rhein Vikings" jemandem etwas weggenommen wird. Wir in Düsseldorf sind keine Kannibalen, wir können teilen. Und wir wissen genau: Das spielerische Moment kommt überwiegend aus Neuss.

Wäre auch eine Kooperation der beiden Rennbahnen möglich?

Geisel Wir haben in Düsseldorf viel Geld in die Bahn in Grafenberg investiert, sie ist mittlerweile ganz erfolgreich. Bei der Vorstellung, zwei Galopp-Rennbahnen zu bespielen, drängen sich mir keine großen Synergien auf.

Düsseldorf braucht Platz. Wo bekommen Sie den her?

Geisel Der Grundsatz ist: Innenverdichtung vor Außenzersiedlung. Es gibt nicht viele Flächenreserven, aber großes Potenzial der Nachverdichtung.

Flächenintensive Logistikunternehmen gehören ins Umland, sagten Sie. Was haben wir davon?

Geisel Wir müssen unser Wachstum in die Fläche bringen und Nachbarn partizipieren lassen. Das ist der Treiber für das Regionalmanagement mit Mettmann oder die Metropolregion Rheinland. Eine stärkere Vernetzung mit dem Umland ist nötig, sie funktioniert aber nur, wenn auch die Mobilität gewährleistet ist.

Haben Sie die natürliche Führungsrolle in der Region?

Geisel Ja, das wird so anerkannt. Ich bin glücklich, dass Düsseldorf nicht mehr als arrogant und besserwisserisch angesehen wird. Viele spüren, dass es eine sympathische Stadt ist. Kraft unserer ökonomischen Stärke kommt uns eine Führungsrolle zu - zum Wohle der Region.

Zu Düsseldorf gehört der Flughafen. Fehlt es an Solidarität, an Verständnis für die Nachtflüge?

Geisel Ich bin überzeugt, die ganze Region profitiert vom Düsseldorfer Flughafen. Wir müssen zulassen, dass er sich weiterentwickelt und gleichzeitig dafür sorgen, dass die Nachbarn verlässliche Regelungen beim Nachtflug erkennen. Ich entscheide das nicht, bin aber zuversichtlich, dass es eine vernünftige Lösung gibt.

Der Hafen ist eine Erfolgsstory zwischen Düsseldorf und Neuss. Jetzt hakt es in der Hafenpartnerschaft mit Köln. Wie sehen Sie das?

Geisel Ich glaube, dass die Zusammenarbeit der Häfen zwischen Neuss und Düsseldorf gut funktioniert. Mich würde es wundern, wenn die Zusammenarbeit mit Köln nicht auch dem gegenseitigen Vorteil dienen könnte.

Wird der Reisholzer Hafen ausgebaut?

Geisel Ja, aber nur in dem Maße, wie es für den Industriestandort Düsseldorf nötig ist. Wir werden keine Kapazitäten schaffen in der Hoffnung, dass sich schon jemand findet, der sie in Anspruch nimmt. Wir brauchen verlässliche Zusagen aus der Industrie.

Es fehlen ziemlich genau 700 Meter Straße, um die A 52 an den Neusser Hafenring anzubinden. Das wäre doch ein schönes interkommunales Projekt?

Geisel Wahrscheinlich wäre das die einzige Möglichkeit, um den Flaschenhals am Handweiser in den Griff zu bekommen. Es gibt im Moment aber keine konkrete Planung. Ich müsste mir das nochmal anschauen.

Was können wir für die Region von der Metropolregion Rheinland erwarten, dessen Gründungsvorsitzender Sie sind?

Geisel Im Bereich Verkehr gibt es eine nicht nachvollziehbare Grenze zwischen Verkehrsverbünden. Das einfachste wäre es, eine Art Rheinland-Ticket mit einem transparenten, einfachen Zonensystem im Rhein-Ruhr-Gebiet zu schaffen - vielleicht mit einer App für den gesamten öffentlichen Verkehr.

Worauf freuen Sie sich in diesem Jahr am meisten?

Geisel Natürlich auf die Tour de France! (lacht) Ich fliege aber auch mit meiner Familie in den Urlaub zu einer Hochzeit nach Griechenland. Darauf freue ich mich ebenfalls sehr.

OLIVER BURWIG FASSTE DAS GESPRÄCH ZUSAMMEN.

(NGZ)
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