Razzia bei Stadtwerken SWN-Aufsichtsrat prüft Rundes Freistellung

Neuss · In den Ermittlungen bei den Stadtwerken Neuss geht es nicht mehr nur um Untreue und Korruption, sondern auch um Steuerhinterziehung. Der Aufsichtsrat prüft nun arbeitsrechtliche Schritte gegen Geschäftsführer Heinz Runde.

 SWN-Geschäftsführer Stephan Lommetz (Mitte), die Aufsichtsratsvorsitzende Elisabeth Heyers (2.v.l.) und Rechtsanwalt Matthias Dann (2.v.r.) gestern bei der Pressekonferenz.

SWN-Geschäftsführer Stephan Lommetz (Mitte), die Aufsichtsratsvorsitzende Elisabeth Heyers (2.v.l.) und Rechtsanwalt Matthias Dann (2.v.r.) gestern bei der Pressekonferenz.

Foto: woi

Die Zukunft von Heinz Runde als Geschäftsführer der Stadtwerke Neuss ist ungewiss. Einen Tag nach der Großrazzia von 80 Ermittlern in 20 Objekten hat der Aufsichtsrat der Stadtwerke gestern Abend in einer eineinhalbstündigen Sondersitzung entschieden, sich heute arbeitsrechtlich beraten zu lassen. Das sagte Elisabeth Heyers, Vorsitzende des Kontrollgremiums, anschließend in einer Pressekonferenz. "Wenn das Gutachten vorliegt, werden wir in einer weiteren Aufsichtsratssitzung entscheiden, welche Konsequenzen zu ziehen sind - wenn welche zu ziehen sind." Heyers betonte, es gelte die Unschuldsvermutung. Runde war gestern im Büro. An der Aufsichtsratssitzung nahm er nicht teil. Wie unsere Redaktion erfuhr, wurde hinter verschlossenen Türen auch über eine mögliche Freistellung Rundes diskutiert.

In den Ermittlungen geht es nicht mehr nur um Untreue- und Korruptionsvorwürfe, sondern auch um den Verdacht auf Steuerhinterziehung bei den Stadtwerken. Das erklärte Rechtsanwalt Matthias Dann von der Kanzlei Wessing und Partner, den die SWN als Rechtsbeistand hinzugezogen haben. Deshalb waren nach NGZ-Informationen am Mittwoch nicht nur die Staatsanwaltschaft Wuppertal und das Landeskriminalamt in der SWN-Zentrale an der Moselstraße, sondern auch die Steuerfahndung Düsseldorf. Die Durchsuchung dort dauerte auch gestern noch an. "Es wurden erhebliche Datenmengen und Schriftstücke sichergestellt", sagte der Wuppertaler Oberstaatsanwalt Wolf-Tilman Baumert.

Die Ermittler prüfen, ob Bewirtungen im Neusser Edelrestaurant Herzog von Burgund, Dienstreisen und die Nutzung des SWN-Saunabades "Wellneuss" mit VIP-Tickets als Betriebsausgaben hätten deklariert werden dürfen. Dabei geht es um Abrechnungen aus den Jahren 2009, 2010 und 2011. Wenn nicht, droht eine Steuernachzahlung. Außerdem werden "vertragsfördernde Zahlungen an einen Förderverein" untersucht, Sponsoringaktivitäten unter anderem beim Neusser Bürgerschützenfest sowie die Vorwürfe gegen Runde, er habe sich sein Haus umbauen lassen und dafür ein Bauunternehmen bei Auftragsvergaben der Stadtwerke bevorzugt. Im Ergebnis haben sich Vorwürfe aus dem vergangenen Jahr, die in einer Sonderuntersuchung externer Wirtschaftsprüfer nicht bestätigt wurden, nach Ansicht der Staatsanwaltschaft präzisiert und sich neue Verdachtsmomente ergeben.

Möglicherweise wird es bereits in der kommenden Woche eine weitere Zusammenkunft des Aufsichtsrates geben. Nach Informationen unserer Redaktion wird die Zeit knapp: In der Diskussion wurde darauf gedrungen, arbeitsrechtliche Konsequenzen könnten nur innerhalb der nächsten 14 Tage gezogen werden. Das hieße: Der Aufsichtsrat müsste in jedem Fall noch in diesem Jahr erneut zusammenkommen. Angeblich wollen die Kontrolleure nach dem arbeitsrechtlichen Gutachten die Durchsuchungsbeschlüsse prüfen, mit den Beschuldigten sprechen und dann eine Entscheidung treffen.

Bürgermeister Reiner Breuer macht unterdessen Druck bei der Aufklärung. "Wir brauchen möglichst schnell Klarheit in alle Richtungen", sagte Breuer. "Ich befürchte einen Imageschaden für die Stadtwerke und für die Stadt." Der Anti-Korruptionsbeauftragte der Stadt hat deshalb Fahrtenbücher, Bewirtungsrichtlinien und weitere Unterlagen angefordert. Heute soll es im Stadtrat dazu einen Bericht geben.

SWN-Geschäftsführer Stephan Lommetz will heute die Mitarbeiter detaillierter informieren. "Wir legen Wert auf volle Transparenz, und das ist uns auch bescheinigt worden", sagte Lommetz. "Die Vorwürfe müssen aufgeklärt werden, um wieder die notwendige Ruhe ins Unternehmen zu bekommen."

(NGZ)
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