Neuss Stadt erklärt Gänse zur Attraktion

Neuss · Nachdem es keine wirkliche Handhabe mehr gibt, um die Schneegans-Population am Jröne Meerke zu verkleinern, soll nun eine friedliche Koexistenz von Mensch und Tier erreicht werden. Die Stadt verspricht einen "erträglichen Zustand".

 Umweltdezernent Matthias Welpmann wünscht sich, dass die Schneegänse am Jröne Meerke mehr als ornithologische Sensation betrachtet werden - und nicht länger als Problem.

Umweltdezernent Matthias Welpmann wünscht sich, dass die Schneegänse am Jröne Meerke mehr als ornithologische Sensation betrachtet werden - und nicht länger als Problem.

Foto: woi

Die Stadt gibt sich geschlagen. Nach Jahren großer Anstrengungen zur Reduzierung der Gänsepopulation am Jröne Meerke wirbt Umweltdezernent Matthias Welpmann nun für eine friedliche Koexistenz. Mehr als einen, so wörtlich, "erträglichen Zustand" auf Wegen und Wiesen könne er in dem Naherholungsgebiet nicht versprechen - "schon gar nicht die Beseitigung der Gänse". Denn die werden durch das Natur- und Vogelschutzrecht und inzwischen auch durch das Jagdrecht geschützt. Aber, wirbt Welpmann um einen neuen Blick auf die Tiere, sind die Vögel nicht eher eine ornithologische Sensation als ein Problem?

Fest steht: Das Gänsemanagement, das mit dem Namen von Johan Mooij von der Biologischen Station Wesel verknüpft war, funktioniert nicht mehr. Mooij hatte die Eier in den Gelegen zum Teil durch Anstechen und Schütteln unfruchtbar gemacht, so dass der Bruterfolg der Gänse ausblieb, diese aber auch nicht nachlegten. Das hätten sie getan, wenn man die Eier entnommen hätte. Weil das neue Jagdrecht diese Methode ausschließt, hat die Stadt den mit Mooij geschlossenen Vertrag gekündigt. Der Fraktionsvorsitzende Roland Sperling (Die Linke) formuliert das anders: "Ihm wurde das Vertrauen entzogen." Das hatte seine Fraktion schon beantragt.

Ganz aufgegeben werden die Anstrengungen zur Verbesserung der Situation am Jröne Meerke nicht. Der Einsatz einer Ultraschallanlage zur Reduzierung des Algenwuchses im Wasser wird fortgesetzt. Einmal, weil sich innerhalb eines Jahres die Sichttiefe in dem Gewässer von 30 Zentimeter auf 3,50 Meter verzehnfacht hat. Zum anderen, weil das Gerät keine Tierart am See beeinträchtigt. Auch andere Maßnahmen wie die Pflege der Uferbepflanzung oder die Anlage der Leithecken, damit die - in den Wochen der Mauser - flugunfähigen Gänse nicht auf den Spielplatz gelangen können, hält die Stadt aufrecht. Die Exkremente der Vögel werden zudem weiterhin von der Wiese gesaugt. Last but not least wird das Fütterungsverbot weiter kontrolliert.

Obwohl das beim Thema Gänse eigentlich beinahe unnötig ist. Denn die Tiere reagieren auf ein verbreitertes Nahrungsangebot nicht mit größerem Bruteifer und einer wachsenden Population. "Die Zahl der Schneegänse ist seit Jahren mit gut 120 Tieren annähernd stabil", fasst Welpmann auch Beobachtungen der Gänseexperten Susanne Homma und Olaf Geiter zusammen. Andererseits würden die Gänse Jahre mit weniger Bruterfolg wieder aufholen. "Die Population reguliert sich selber", sagt Welpmann - und man könnte hinzufügen: "...und pfeift auf ein Gänsemanagement".

Welpmann würde sich wünschen, dass die Neusser in den Gänsen wieder eine Attraktion erkennen würden. Rund 400 Vogelkundler, die die Stadt im Jahr am "Meerke" zählt, sehen das zumindest so. Sie reisen zum Teil von weither an, um diese einzig freie Brutpopulation dieser Art in Westeuropa, die seit Anfang der 1980er Jahre in Neuss heimisch ist, beobachten zu können. Vor der Algenblüte im Jahr 2011 sei das ja auch für die Neusser so gewesen.

Und überhaupt: Die Schneegänse halten sich ja nur vier Monate im Jahr hier auf. Anders die Enten, die zudem auf Zufüttern mit Vermehrung der Art reagieren. Dann sind vielleicht sie ein Problem - wenn man denn eins suchen möchte.

(-nau)
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