Neuss Singing in the rain

Neuss · Die 13. Neusser Jazzsommernacht hatte zwei Teile. Nach dem Auftritt der Band "Rhythmusgruppe" trieb Starkregen Zuhörer und Musiker in den Konzertsaal der Alten Post. Dort waren auch junge Talente aus Köln zu hören.

 Musiker aus dem Umfeld der Düsseldorfer Robert-Schumann-Hochschule bildeten die Jazz-Formation "Rhythmussportgruppe", die am Freitag vor dem Kulturforum Alte Post auftrat - bevor der große Regen kam.

Musiker aus dem Umfeld der Düsseldorfer Robert-Schumann-Hochschule bildeten die Jazz-Formation "Rhythmussportgruppe", die am Freitag vor dem Kulturforum Alte Post auftrat - bevor der große Regen kam.

Foto: A. Woitschützke

Manchmal spielt das Wetter nicht mit. Just in dem Moment, als die Band Rhythmussportgruppe mit Musikern aus dem Umfeld der Düsseldorfer Robert-Schumann-Hochschule und der Gastsängerin, der Neusserin Tossia Cormann, den letzten Ton ihres "sportlichen Groove-Jazz" ausklingen ließen, brach ein Gewittersturm mit Platzregen über den Vorplatz der Alten Post herein und machte es unmöglich, den Open-Air-Teil der diesjährigen Neusser Jazzsommernacht fortzusetzen. Anstatt das Konzert der zweiten Band, Kena's Room, im Garten der Alten Post zu hören, flüchteten Publikum und Musiker vor dem prasselnden Starkregen und suchten Schutz im Entree, Konzertsaal und Café des Kulturforums.

Umso mehr erwartete man im wahrsten Wortsinn den Teil der Neusser Jazzsommernacht, der im Trockenen, also im Konzertsaal der Alten Post, stattfinden sollte. Den Anfang machte dann früher als geplant der im Bergischen Land östlich von Köln lebende Pianist Stefan Heidtmann mit seinem Quintett. Wären nicht André Nendza und Martell Beigang gewesen, die auf ihrem Bass und am Schlagzeug mit kraftvoll pluckernden Grooves das rhythmische Fundament der Band bildeten und den Pianisten per se unter Spannung setzten, Heidtmanns lyrisch poppiger Jazz, der sich vor allem im Zwiegespräch mit der Sängerin und Gelegenheitsklarinettistin Sandra Klinkhammer zeigte, wäre im seichten Wohlklang abgesoffen.

Dass ein intimer musikalischer Dialog nichts mit Kitsch und Oberflächlichkeit zu tun haben muss, zeigte das Duo mit Sebastian Sternal (Piano) und Frederik Köster (Trompete & Flügelhorn). Die beiden Kölner kennen sich lange, man weiß um die Eigenheiten des jeweils anderen und kann ganz seiner Intuition vertrauend im improvisatorischen Diskurs das eigene Sein als Mensch und Musiker hervorkehren. Vor allem Sternal hat auf dem Piano eine Meisterschaft entwickelt, um den Spielfluss seines Partners gleichermaßen vorauszuhören wie vorzubereiten. Tiefgründig lässt er sich auf die konzise formulierten Gedanken Kösters ein, transformiert dessen Sprache in den Kreativkosmos und spiegelt mit seiner Virtuosität die mäandernden Tongirlanden des Trompeters zurück: ausdrucksstark, reflektiert, selbstbewusst.

Schon von Anfang an gab es im Programm der Jazzsommernacht stets ein Schlaglicht auf die jüngeren Musiker der deutschen Jazzszene. Neben Berlin wird hauptsächlich Köln auch international wahrgenommen. Die Jazzabteilung der Hochschule für Musik und Tanz Köln liefert den Humus, auf dem junge Talente gedeihen und zur Blüte reifen können. Das Quartett von Hendrika Entzian ist mit Absolventen dieser Jazzabteilung besetzt. Mit dem Modern Jazz ihrer CD "Pivot" ist die junge Kontrabassistin nach Neuss gekommen. Während die Rhythmusgruppe um die Bandleaderin mit Simon Seidl (Piano) und Fabian Arends (Drums) darauf konzentriert ist, die Synapsen im engmaschigen Geflecht ihres Zusammenspiels zu aktivieren und neue Bahnen auszulegen, lässt es sich der in Irland geborene, in Köln lebende Matthew Halpin nicht nehmen, auf dem Tenorsaxofon dieses komplexe, fast unterkühlt klingende Setting mit kurzen Störgeräuschen aus dem Tritt zu bringen und die Improvisationsmusik des Quartetts etwa durch das Stauchen der Tonhöhen t aufzurauen. Großartig!

(NGZ)
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