Neuss "Sie wirkt wie ein zerzaustes Monument"

Neuss · Der Düsseldorfer Bildhauer Bert Gerresheim, dem Clemens-Sels-Museum seit Jahren eng verbunden, beleuchtete im Gespräch mit Museumschefin Uta Husmeier-Schirlitz den Entstehungsprozess seines Denkmals für Mutter Ey.

 Der Bildhauer Bert Gerresheim zeigt im Gespräch mit Museumschefin Uta Husmeier-Schirlitz die im Stadtmuseum Düsseldorf zufällig aufgespürte Totenmaske. Er übernahm sie im Jahr 1957.

Der Bildhauer Bert Gerresheim zeigt im Gespräch mit Museumschefin Uta Husmeier-Schirlitz die im Stadtmuseum Düsseldorf zufällig aufgespürte Totenmaske. Er übernahm sie im Jahr 1957.

Foto: woi

Der Düsseldorfer Bildhauer Bert Gerresheim, dem Clemens-Sels-Museum seit jungen Jahren eng verbunden, beleuchtete in einem anregenden Gespräch mit Museumschefin Uta Husmeier-Schirlitz den Entstehungsprozess seines Denkmals für Mutter Ey. 100 Jahre, nachdem die umtriebige und sachkundige Förderin junger Talente ihre Galerie in der Düsseldorfer Altstadt eröffnet hatte, wird die "Memorialplastik" im Frühjahr an ihrem Bestimmungsort im neuen Andreas-Quartier aufgestellt. In direkter Nachbarschaft zur Stätte ihres eigenen Wirkens: Mutter Ey hatte mit intensivem Gespür damals unbekannten Künstlern wie Otto Dix, Max Ernst und Otto Pankok ein frühes Forum verschafft.

Bert Gerresheim erzählte von seiner lange währenden Beziehung zu Mutter Ey. Durch seinen verehrten Lehrer Otto Pankok (dessen umfängliches Schaffen im Clemens-Sels-Museum mit allen Facetten dokumentiert ist) lernte er sie in ihren letzten Lebensjahren noch persönlich kennen: "Sie wirkte auf mich wie ein zerzaustes Monument", sagte er, "eine strenge, aber liebevolle Großmutter, deren Gestik mir in deutlicher Erinnerung blieb." Ihren Zuspruch hat er nie vergessen. "Lass den Jungen doch kritzeln", hatte die gütige Ey Gerresheims Mutter ermuntert, "der will doch sowieso nichts anderes." Mutter Ey starb 1947, und es war Bert Gerresheim, der zehn Jahre später ihre im Stadtmuseum Düsseldorf zufällig aufgespürte Totenmaske übernahm, restaurierte und sie schließlich 2008 als Versatzstück in seine Skulptur vom Hoppeditz einfügte.

Er bewundert den Mut dieser Frau, die elf Kinder zur Welt brachte und sich durch Scheidung ihrem prügelnden Ehemann entzog. "In unsicheren Zeiten setzte sie sich gegen alle Widrigkeiten durch. Die Künstler waren ihr Lebenselixier." Launig berichtete Gerresheim von ihrer Fähigkeit zur Selbstinszenierung: "Sie liebte es, sich als Spanierin zu sehen, mit Mantilla, Einsteckkamm und Castagnetten. Und die Künstler wiederum liebten ihren Typ. Die Ey war Anfang des 20. Jahrhunderts die meistportraitierte Frau Europas. Daran kann man sehen, welche Ausstrahlung die dicke Tante hatte."

In dem fast fertigen Denkmal, das sich derzeit in der Düsseldorfer Gießerei Schmäke befindet, griff er verspielte Details auf, etwa den Verweis zum Ei auf dem Kaffeetischchen oder die runde Brille von Mutter Ey. "Ein Symbol für Weitsicht und Durchblick", erklärte Gerresheim. "Man sucht im Bannkreis des Vergänglichen und des Festhaltens immer nach Anhaltspunkten, eine Persönlichkeit zu erfassen." Wie eine Wagenburg gruppierte der Bildhauer um die Figur der Mutter Ey die Werke einiger ihr nahestehender Künstler. Sie selbst tritt aus einem scherenschnittartigen Rahmen hervor, "damit sie nicht alleine dasteht wie eine Litfaßsäule."

Museumschefin Uta Husmeier-Schirlitz: "Düsseldorf ist nicht weit, auch die Neusser werden an dem aufgestellten Denkmal ihre Freude haben."

(NGZ)
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