Neuss Shakespeare-Komödie mit Musik und Charme

Neuss · Obwohl in Katalanisch aufgeführt, geht kaum ein Witz bei "Nit de reis" (Was ihr wollt) verloren - dank der Übertitelung.

 Der Moment der Erkenntnis: für Herzog Orsino (l.), Gräfin Olivia (r.) und das Zwil-lingspaar Viola (2.v.l.) und Sebastian, das sich endlich wiederfindet

Der Moment der Erkenntnis: für Herzog Orsino (l.), Gräfin Olivia (r.) und das Zwil-lingspaar Viola (2.v.l.) und Sebastian, das sich endlich wiederfindet

Foto: Angela van den Hoogen

Selten einmal macht die fremdsprachige Aufführung einer Shakespeare-Komödie so viel Vergnügen wie jetzt "Nit de reis" des Els Pirates Teatre aus Barcelona beim Shakespeare-Festival. "Was ihr wollt" steckt dahinter, in katalanisch gesprochen ein schwerer Brocken für deutsche Ohren. Und doch geht kaum ein Wortwitz verloren, lässt sich mühelos nachhalten, was da gerade auf der Globe-Bühne verhandelt wird.

Denn die Truppe aus Spanien setzt nicht einfach auf verständliche Übertitel, sondern hält dabei die literarische Form. Dem (Deutsch sprechenden) Company-Mitglied Ariadna Pastor ist es zu verdanken, dass die deutsche Übersetzung der Komödie von Christian Leonard (Shakespeare Company Berlin) zum Zuge kam. Passgenau zum Geschehen auf der Bühne hat Pastor sie für das Laufband zurechtgeschnitten. Wenn das überhaupt ein Manko mit sich bringt, dann dieses: Die Augen wandern auf und ab. Ungern möchte man ein Wort des Textes verpassen und mindestens genauso ungern eine Minute der Aufführung.

Denn bei dieser Adaption unter der Regie von Adrià Aubert läuft alles perfekt zusammen. Flott und geschmeidig wird die Geschichte von dem durch ein Schiffsunglück getrennten Zwillingspaar Viola und Sebastian erzählt. Jeder landet an Illyriens Küste, ohne vom anderen zu wissen. Viola verkleidet sich als Mann, nennt sich Cesario und wird Diener am Hofe des liebeskranken Herzog Orsino. In dessen Namen wirbt sie als Cesario um Gräfin Olivia - obwohl sie selbst doch in Orsino verliebt ist. Chaos droht, als Olivia sich in den Liebesboten verliebt. Doch weil zu guter Letzt Sebastian wieder auftaucht, bekommt Olivia eben diesen und Viola den Herzog.

Ein Happy End also? Nun ja, Viola-Cesario und Sebastian stehen etwas ratlos da, nachdem Orsino und Olivia eher handstreichartig die neue Paarordnung über ihren Kopf hinweg festgezurrt haben. Irgendwie ging das für die beiden entschieden zu schnell.

Dieser Hauch von Zweifel passt zu der luftig-lockeren Aufführung, die über insgesamt zweieinhalb Stunden in einem genau konstruierten Bogen Spiel mit Musik kombiniert. Eine Schlüsselfunktion hat dabei Narr Bufó (Feste). Als solcher äußerlich nur an einer roten Nase, die er gelegentlich aufsteckt, zu erkennen, inhaltlich jedoch an der Weis- und Narrheit seiner Worte (dank der verwendeten literarischen Übersetzung). Laura Aubert verkörpert ihn zudem mit ebenso viel Charme wie Verschmitztheit, singt, spielt Klavier, Gitarre, ist überhaupt das musikalische Zentrum. Aber alle anderen Schauspieler stehen ihr nicht nach - ob Queralt Casasayas als Viola, Bernat Cot als Sir Toby (und Sebastian), Mònica Barrio als Olivia oder Ricard Ferré als Sir Andrew.

Und dann ist da noch Malvolio. Der Haushofmeister Olivias, mit den kreuzweise geschnürten Kniegürteln und gelben Strümpfen, dem übel mitgespielt wird. Arnau Puig spielt ihn mit einer gelungenen Mischung aus Empörung und Arroganz, aus Selbstüberschätzung und Dummheit. Sinnig spiegelt sich sein Kleingeist im Rentnerbeige seiner Kleidung ...

(NGZ)
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