Neuss Seit 40 Jahren Hilfe für Suchtkranke in Neuss

Neuss · Die Zahl der Abhängigen, die bei der Fachambulanz für Suchtkranke Hilfe suchen, steigt. Immer mehr konsumieren mehrere Drogen.

 Michael Weege, Andrea Groß-Reuter und Birgit Herrmann (v. l.) leiten die Fachambulanz für Suchtkranke der Caritas-Sozialdienste in Neuss.

Michael Weege, Andrea Groß-Reuter und Birgit Herrmann (v. l.) leiten die Fachambulanz für Suchtkranke der Caritas-Sozialdienste in Neuss.

Foto: Woitschützke

Ihre Klientel wird immer jünger: Die Fachambulanz für Suchtkranke der Caritas-Sozialdienste, die jetzt ihr 40-jähriges Bestehen gefeiert hat, registriert seit einigen Jahren stark veränderte Konsummuster von Abhängigen. Zum einen nehmen immer mehr junge Menschen legale und illegale Substanzen gemischt, zum anderen suchen sie verstärkt Hilfe bei der Fachambulanz - so das Fazit von Birgit Herrmann, die mit Michael Weege und Andrea Groß-Reuter die Einrichtung an der Rheydter Straße 176 leitet.

Die Fachambulanz für Suchtkranke bietet vor allem Beratung und Therapie bei Problemen im Umgang mit Alkohol, Medikamenten, Essen oder Nikotin. "Wir nehmen aber jeden ernst, der zu uns kommt. Das Suchtmittel steht nicht zuerst im Vordergrund", sagt Groß-Reuter, Leiterin der Bereiche Beratung und Rehabilitation.

Junge Menschen richten ihren Drogenkonsum individuell nach der jeweiligen Situation aus, weiß Michael Weege, der für den Bereich Prävention und Beratung zum Sozialgesetzbuch II verantwortlich ist. "Was passt ins Setting? Das ist für die jungen Konsumenten wichtig", erklärt er. Wenn sie durchtanzen wollen, würden Ecstasy-Pillen oder Amphetamine geschluckt, bei Partys stehe der Alkohol im Vordergrund, zum Chillen nehmen sie Cannabis, zählt er auf. "Reine Kiffer gibt es immer seltener."

Folge sei, dass immer mehr junge Menschen von verschiedenen Drogen abhängig seien, berichtet Norbert Kallen, Geschäftsführer der Caritas-Sozialdienste im Rhein-Kreis Neuss. Daher setze die Fachambulanz für Suchtkranke verstärkt auf Vorbeugung. "Wir wollen nicht belehrend den Finger heben, sondern aufzeigen, welche Probleme sich durch den Konsum ergeben können."

So gibt es im Haus der Fachambulanz beispielsweise das "Ons Zentrum", ein alkoholfreies Café, in dem sich Suchtkranke und Nichtbetroffene begegnen können. "Und mit unserem alkoholfreien Cocktail-Stand sind wir bei Schützenfesten oder im Karneval vertreten", erzählt Kallen. Zudem biete man für jugendliche Suchtmittelkonsumenten zwischen 15 und 20 Jahren regelmäßig den Kurs "Mit uns kommst Du klar ... !" an. "Diese Motivationsgruppen haben einen Schneeball-Effekt", sagt Birgit Herrmann. Unter jugendlichen Konsumenten spreche sich das Angebot herum, die Zahl der Teilnehmer steige.

Rund 500 Neuaufnahmen pro Jahr verzeichnet die Fachambulanz in Neuss. 1300 Frauen und Männer kämen insgesamt pro Jahr zu ungefähr 9300 Einzel- oder Gruppengesprächen, berichtet Groß-Reuter. Drei Psychologen, elf Sozialwissenschaftler und mehrere Honorarkräfte stehen dafür in der Fachambulanz zur Verfügung.

Das sah vor 40 Jahren noch ganz anders aus: Zunächst gab es einen Mitarbeiter, 40 Ratsuchende kamen pro Jahr. Bereits nach kurzer Zeit zeichnete sich auch damals schon ein größerer Beratungsbedarf ab. 1985 erfolgte der Umzug von der Münsterstraße in die Jülicher Straße und das Café "Ons Zentrum" wurde eröffnet. 2005 zog die Fachambulanz an die Rheydter Straße, wo auch das 40-jährige Bestehen gefeiert wurde.

(NGZ)
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