Serie Musikbands In Neuss Sehnsucht nach der ganz großen Bühne

Neuss · Die Rock-Band "My Own Sense" hatte ihren letzten Auftritt vor mehr als einem Jahr. Heute will sie bei "Neuss Now" wieder durchstarten.

 Versprechen für "Neuss Now" krachenden Gitarrenrock: Martin Hentschel, Carsten Stritzel, Michèle Keller und Ansgar Baumann (v. li.).

Versprechen für "Neuss Now" krachenden Gitarrenrock: Martin Hentschel, Carsten Stritzel, Michèle Keller und Ansgar Baumann (v. li.).

Foto: Achim Blazy

Neuss Gitarrist Carsten hat schlecht geträumt. Von Kabelsalat auf der Bühne, von Murphys Gesetz: Alles, was schiefgehen kann, wird auch schiefgehen. Sängerin Michèle nervt mit ihren Ansprachen das Publikum und Bassist Ansgar hat für den Gig erst gar keine Hose angezogen. "Motiviert, aber unruhig", sei er, sagt Carsten. Heute um 22 Uhr spielt er mit "My Own Sense" beim Festival "Neuss Now". Den letzten Auftritt hatte die Band vor mehr als einem Jahr. Auf Ansgars Hochzeit. "War ganz gut", meint Carsten. Also kein Grund zur Sorge.

Die Neusser Musiker haben zwei Proberäume. Einen in Heerdt, einen in Ratingen. Und wer zwei Proberäume hat, gehört eigentlich auf die ganz große Bühne. Am Westbahnhof geht's in eine Einfahrt, durch ein Rolltor kommt man in die alte Fabrikhalle, die gerade neuen Estrich bekommt. Der Proberaum ist klein und gemütlich. Eine Ikea-Lampe steht auf Klick-Laminat, daneben ein weißes Ecksofa. "Das ist älter als die Band", sagt Carsten. Die Band, das sind Carsten Stritzel (38, Gitarre), Michèle Keller (41, Gesang), Martin Hentschel (36, Schlagzeug) und Ansgar Baumann (35, Bass), der wider Erwarten eine Hose trägt. Durchatmen, denkt Carsten wahrscheinlich. Wird schon schiefgehen.

"My Own Sense" gibt es seit Mai 2003. Seitdem ist immer mal wieder was schiefgegangen. "Wir haben die Ochsentour gemacht, in jeder Pommesbude gespielt", sagt Sängerin Michèle. Teils 40 Konzerte im Jahr. Der Stil: lauter Gitarrenrock, von Metal und Punk inspiriert, handgemacht, krachend, inklusive Geschrammel. Das Motto: Es muss dengeln! "Für uns gilt die goldene Regel: Solange mehr Personen im Publikum stehen als auf der Bühne, wird gespielt", sagt Schlagzeuger Martin. Vor den Musikern tanzten manchmal nur fünf Zuschauer, bei einem Zeltfest von "Rock am Ring" in der Eifel 2008 sogar 3500.

Die Vier traten im "Affenclub" im brandenburgischen Kleinmachnow auf und schliefen nach der Show auf einem Teppich vor der Bühne. Sie spielten aber auch beim Festival "Rock in der Eissporthalle" vor den H-Blockx (2005), bei "Bochum Total" oder "Essen Original" (beides 2011). 2004 erschien die EP "My Own Sense" - vergriffen. Zwei Jahre später folgte das Album "The quality of serving love and trust" - ebenfalls ein Renner. Und das, obwohl auf dem Cover ein blutendes Schweineherz zu sehen war. 2012 nahmen die Neusser das Tempo raus. "Für Ansgar war es Zeit, das Studium zu beenden", sagt Carsten grinsend.

Der ehemalige Pearl Jam-Drummer Dave Abbruzzese habe Carsten und Michèle einmal versprochen, er würde auf ihrer Hochzeit spielen. Ist nie passiert. Aber Carsten und Michèle sind auch nicht verheiratet. Sie haben einen gemeinsamen Sohn (1), der gerade bei Oma und Opa ist. Die wohnen in der Nähe des Proberaums. Als erwachsener Rocker muss man praktisch denken.

Bei den Songtexten denkt Michèle gar nicht praktisch. Was aus Anstrengung entsteht, das wird häufig nichts. Das bedeutet nicht, dass ihre Texte so allgemein sind wie das Horoskop. "Ich höre eine Melodie und in dieser Melodie Worte", sagt die Sängerin, deren Texte nicht übermäßig politisch oder sozialkritisch sind. Dafür emotional. Es gibt viele neue Songs. "Vielleicht spielen wir einen davon", sagt Carsten. Ein wenig Unruhe bleibt. Kann ja auch viel schiefgehen, bei so einer Premiere. Wird es aber nicht. Oder, Ansgar?

(NGZ)
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