Neuss Romanische Nacht voller musikalischer Höhepunkte

Neuss · Auf den Tag genau 15 Jahre nach den Anschlägen auf das World Trade Center in New York am 11. September 2001 widmete sich die 22. Romanische Nacht in der Neusser Quirinusbasilika dem Thema "Tröstungen - gestern, heute, morgen". Gleich vier Konzerte reihten sich mit kleineren und einer größeren Pause aneinander.

 Stefanie Sassenrath war die Solistin an der Oboe.

Stefanie Sassenrath war die Solistin an der Oboe.

Foto: woi

Das Neusser Kammerorchester (NKO) unter der Leitung von Münsterkantor Joachim Neugart wagte mit Streicherballaden den Einstieg in das schwierige Thema. Das gelang nach der berühmten "Air" aus der D-Dur-Suite von Johann Sebastian Bach besonders beziehungsreich mit dem "Adagio für Streichorchester", das populärste Werk des amerikanischen Komponisten Samuel Barber, der vor 35 Jahren in New York starb. Dieses "traurigste klassische Stück" spielten Rundfunkanstalten in aller Welt zum Gedenken der Opfer zwei Tage nach den Anschlägen. Auch das letzte Werk Samuel Barbers, die "Canzonetta für Oboe und Streicher" mit meditierend ausgeprägten Themen in der Oboe traf das thematische Stimmungsbild genau, auch weil die Solistin Stefanie Sassenrath (Oboe) die menschliche Klage vollendet durchscheinen ließ.

Im zweiten Konzert gab es die Uraufführung "Er ist unser Friede - Kantate für eine Zeit des Friedens" von Steven Heelein (32). Ihm wurde für diese Komposition für Sopran, Schlagzeug und Orgel der Kompositionspreis 2016 der Stadt Neuss von einer Fachjury unter Vorsitz von Thomas Daniel Schlee zugesprochen. Fünf Vokalsätze exponieren Texte aus dem alten und neuen Testament, sie werden von der Orgel umkreist mit vorbereitender oder tonmalerisch kommentierender Funktion. Die Herausforderungen für den Sopran sind gewaltig: Diesem Anspruch stellte sich Katarzyna Wilk mit bewundernswerter Intensität. Christine Moraal erzielte an der Orgel (nach Registrierungsangaben des Komponisten) wunderbare Farbwirkungen. Dieses Duo war auch der erste Preisträger des internationalen Orgel-Gesangs-Wettbewerbes 2014. Für strukturell verwandte Spannungsmomente sorgte Bärbel Hammer-Schäfer (Schlagzeug): Ruhige, stille Orte des Friedens sind nicht überall.

Nach diesem mystisch-entgrenzenden Erlebnis war das "Requiem d-Moll" von Wolfgang Amadeus Mozart Trauerstimmung in fassbarer Form. Wiederum glänzte das NKO, um Pauken, Posaunen, Trompeten und tiefe Bläser (Fagotte, Bassetthörner) erweitert. Münsterchor und der Kammerchor Capella Quirina waren vom Münsterkantor bestens einstudiert, der die kurze düstere Einleitung ein wenig forsch und etliche Chorstellen wie die "Kyrie"-Doppelfuge extrem kraftvoll erklingen ließ. Vor allem die fast 40 Sopransängerinnen (und ein Knabe) ließen die voll besuchte Basilika manchmal übermächtig erzittern. Wiederum Katarzyna Wilk, Ute Weitkämper (Alt), Cezar Dyma (Tenor) und Sebastian Klein (Bass) gestalteten erlesen die Solopartien.

Auch die letzte Stunde der romanischen Nacht war ein Höhepunkt: Das trotz seiner Jugend schon vielfach preisgekrönte Leipziger "Sjaella"-Vokalensemble riss zu Begeisterungsstürmen hin. Das Damen-Sextett mit wunderbar glasklaren Stimmen überzeugte mit überwiegend zeitgenössischen A-cappella-Chorsätzen, in die Werke von Hugo Distler, die er während des Zweiten Weltkrieges schrieb, bedeutungsvoll integrierten. Ein irisches Volkslied beschloss einen an hochkarätiger Intensität kaum zu überbietenden Abend.

(Nima)
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