Jürgen Steinmetz Rhein-Kreis ist Lokomotive am Niederrhein

Neuss · Der neue IHK-Hauptgeschäftsführer spricht im NGZ-Interview über seine ersten Monate im Amt, über die künftigen Schwerpunkte seine Arbeit, den Ausbau der Infrastruktur und den Braunkohle-Kompromiss.

 NGZ-Redaktionsleiter Ludger Baten empfängt den neuen IHK-Hauptgeschäftsführer Jürgen Steinmetz bei seinem Besuch in der Redaktion vor einem Motiv der neuen Hafenbrücke in Neuss.

NGZ-Redaktionsleiter Ludger Baten empfängt den neuen IHK-Hauptgeschäftsführer Jürgen Steinmetz bei seinem Besuch in der Redaktion vor einem Motiv der neuen Hafenbrücke in Neuss.

Foto: Andreas Woitschützke

Herr Steinmetz, Sie sind nun vier Monate bei der Industrie- und Handelskammer (IHK) Mittlerer Niederrhein als Hauptgeschäftsführer tätig, jetzt in der alleinigen Verantwortung. Wie waren die ersten Monate?

Jürgen Steinmetz Ich habe mir die ersten Monate Zeit genommen, viele Leute in Mönchengladbach, Krefeld und dem Kreis Viersen kennenzulernen und dort viele Gespräche zu führen. Die Akteure im Rhein-Kreis sind mir ja bestens bekannt.

Bevor Sie zur IHK kamen, waren Sie Allgemeiner Vertreter des Landrates im Rhein-Kreis. Wo sehen Sie die größten Unterschiede zwischen Ihrem früheren und Ihrem jetzigen Job?

Steinmetz Ich kann mich nun noch stärker auf die Themen konzentrieren, die mir immer schon Freude gemacht haben. Ich bin froh, dass ich jetzt noch stärker regional arbeiten kann und noch mehr Verantwortung trage.

Was war der wertvollste Tipp, den Ihnen Ihr Vorgänger Dieter Porschen mitgegeben hat?

Steinmetz Er hat sich mit Tipps sehr zurückgehalten, weil er gesagt hat: Es kommt ein neuer Mann mit anderer Perspektive und Biografie, der wird schon wissen, was er tut. Das fand ich sehr fair und hilfreich.

Welche Schwerpunkte wollen Sie in Ihrer Arbeit setzen?

Steinmetz Wir haben einige Ideen entwickelt, wie wir die Kammer weiterentwickeln wollen. Es sind die Megatrends, mit denen wir uns beschäftigen müssen. Dazu gehören die Digitalisierung, die Energiewende und der demografische Wandel. Aber es gibt überall auch lokale Herausforderungen, um die wir uns kümmern wollen. Außerdem will ich die Säule der Interessenvertretung stärken. Wir müssen uns stärker zu Wort melden und uns noch stärker einmischen. Wir werden die Metropolregion Rheinland voranbringen, und die duale Berufsausbildung stärken. Es kann doch nicht sein, dass Unis für Studenten eine Prämie bekommen und unsere Berufsschulen gleichzeitig so schlecht ausgestattet sind. Den Akademisierungswahn halte ich für falsch.

Wie wollen Sie sich stärker einmischen?

Steinmetz Eine zentrale Idee ist das "Berliner Bündnis für den Mittleren Niederrhein". Darin bringen wir die Bundestagsabgebordneten aus unserem Kammerbezirk zusammen, um wichtige Themen für die Region zu erörtern. Zum Beispiel die Breitband-Versorgung, die Infrastruktur auf allen Verkehrsträgern und die Energiewende. Das erste Treffen ist für Anfang August geplant.

Wo steht der Rhein-Kreis im Vergleich im Kammerbezirk?

Steinmetz Der Rhein-Kreis Neuss ist die Lokomotive am Niederrhein. Was sich hier an Bruttoinlandsprodukt und Beschäftigung entwickelt hat, ist Spitze im gesamten Kammerbezirk. Im Rhein-Kreis hat alleine in der Logistik die Zahl an Arbeitsplätzen von 2008 bis 2014 um 16 Prozent zugenommen. Aber wir spielen mit der gesamten Region in der Champions League. Fast 80 000 Unternehmen mit rund 400 000 Beschäftigte - das ist eine enorme Wirtschaftskraft.

Wie wollen Sie die Zusammenarbeit in der Region fördern?

Steinmetz Die regionale Zusammenarbeit - auch im kleineren Rahmen als der Metropolregion - ist für uns ganz wichtig. Das sieht man zum Beispiel am Thema Tourismusförderung: Wir haben gute Zahlen und damit eine gute Ausgangsposition, keine Frage. Wir schneiden in Rankings aber nicht so gut ab, wie wir könnten, weil alle im Bereich Tourismus irgendwie allein unterwegs sind. Das wollen wir ändern. Dazu läuft gerade noch eine Unternehmensbefragung bei Betrieben aus der Tourismus-Branche.

Sie sprachen die Infrastruktur an. Die Straßen bröckeln, auf den Autobahnen steht der Investitionsstau. . .

Steinmetz . . .dabei ist eine gute Infrastruktur das Wichtigste für die Wirtschaft. Damit und mit genügend Ansiedlungsflächen brauchen wir uns weniger Gedanken um die Ansiedlungen zu machen. Wenn die Infrastruktur da ist, wird die Wirtschaft sie auch nutzen. Dafür brauchen wir mehr interkommunale Gewerbegebiete wie das am Silbersee mit Dormagen und Neuss. Darüber hinaus brauchen wir hier unbedingt den Autobahnanschluss Delrath.

Und wie sieht es mit Anschlussstellen auf der Datenautobahn aus?

Steinmetz Beim Thema Breitband-Versorgung endet alles, was ich bisher höre, in Appellen. Das reicht uns nicht. Der Fokus liegt dabei auf der Versorgung der Bürger mit schnellem Internet. Wir werden jetzt eine Studie zur Situation der Breitband-Versorgung in Gewerbegebieten machen: Wie sieht es im Taubental aus? Wie im Hammfeld? Dann können wir ganz konkret zu Verbesserungen beitragen.

Wie haben Sie den Kompromiss zur Braunkohle aufgefasst?

Steinmetz Es ist gut, dass es eine Einigung gegeben hat. Das war für uns aber kein Jubeltag. Es wird Belastungen für die Braunkohle geben, Kraftwerke werden geschlossen, und darunter leiden die Unternehmen mit ihren Beschäftigten.

LUDGER BATEN UND ANDREAS GRUHN FÜHRTEN DAS GESPRÄCH.

(NGZ)
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