Ulrich Stephan "Rhein-Kreis ist eine wichtige Region für die Deutsche Bank"

Neuss · Ulrich Stephan, Chef-Anlagestratege der Deutschen Bank, sprach mit der NGZ exklusiv über die Situation auf den Kapitalmärkten.

Ulrich Stephan: "Rhein-Kreis ist eine wichtige Region für die Deutsche Bank"
Foto: Woitschützke Andreas

Wie wichtig ist der Rhein-Kreis Neuss als Standort für die Deutsche Bank?

Ulrich Stephan Die Region ist wichtig für uns, weil wir dort stark vertreten sind und viele Kunden haben. Der Rhein-Kreis ist eines der Zentren für die Deutsche Bank in der Region Nordwest.

Wie beschreiben Sie die aktuelle Situation auf den Kapitalmärkten?

Stephan Spannend bis schwierig. Die längerfristige Gefahr liegt darin, dass wir kaum noch Unternehmensgewinne haben. Das Potenzialwachstum in der Welt ist niedriger, weil es kaum noch Investitionen und Welthandel gibt und damit Kapitalstock und Produktivität nicht mehr steigen. Auf der anderen Seite sind die Zinsen entsetzlich niedrig. Man ist hin- und hergerissen: Gehe ich jetzt doch in die Aktien rein, weil die Zinsen niedrig sind? Werden sich die Zinsen verändern? Was machen dann die Rentenmärkte? Es ist eine schwierige Zeit, in der man flexibel und aktiv mit den Kapitalmärkten umgehen muss.

Wie legt man sein Geld am besten an?

Stephan Es ist kein Geheimnis, dass man am Kapitalmarkt mit breiter Streuung eine bessere Rendite erzielen kann, bei gleichzeitig niedrigerem Risiko.

Was meinen Sie genau, wenn Sie von "breiter Streuung" sprechen?

Stephan Das heißt, dass man in verschiedene Anlageklassen, in verschiedene Regionen der Welt, in verschiedene Laufzeiten und verschiedene Währungen investiert und auch Absicherungsmechanismen berücksichtigt. Das muss man dann permanent überprüfen, weil sich die Dinge dramatisch schnell ändern können. Man kann sich mit einem Aktiendepot nicht mehr hinlegen und schlafen, wie das noch Börsenguru André Kostolany formuliert hat. Dafür passiert zurzeit einfach zu viel.

Sind Immobilien auch ein Schlüssel zum Erfolg?

Stephan Sie gehören durchaus in einen gesunden Anlagemix hinein. Die Frage ist jedoch immer, ob man die Immobilie selbst nutzt oder vermietet. In der Vermietung ist es reine Mathematik. Da stehen Kaufpreis, Finanzierungskosten und Mieteinnahmen im Vordergrund. Wenn ich eine Immobilie privat kaufe, ist es für mich reine Liebhaberei.

Wie lautet Ihre Börsen-Prognose für den Rest des Jahres?

Stephan Ich glaube, dass wir eher seitwärts laufen werden. Wir werden weiterhin das Spannungsfeld haben zwischen Notenbanken, die extrem lockere Geldpolitik machen, und den Unternehmen, die nicht die Gewinne einfahren, die zu einer großen Steigerung führen könnten. Die Anleger müssen daher insgesamt risikofreudiger werden, um eine positive Rendite zu erwirtschaften.

Ein Thema, das Sie sehr beschäftigt und weiterhin beschäftigen wird, ist der Brexit. Hätten Sie mit dem Austritt Großbritanniens aus der EU gerechnet?

Stephan Ja, ich habe schon früh gesagt, dass der Brexit ein von vielen unterschätztes Risiko darstellt. Ich betreue ein 3,5 Milliarden Euro Portfolio und wir haben es so ausgerichtet, dass wir an den Tagen nach dem Brexit Geld verdient haben. Wir hatten uns im Dollar-Raum besonders stark aufgestellt.

SIMON JANSSEN FÜHRTE DAS GESPRÄCH

(NGZ)
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