Neuss Reptilienhafte Eleganz im Tanz

Neuss · Die jungen Tänzer des Bayerischen Staatsballetts II kommen aus verschiedenen europäischen Staaten. Bei den Internationalen Tanzwochen zeigten sie ihr Können.

Neuss: Reptilienhafte Eleganz im Tanz
Foto: Charles Tandy

Ein Astronaut, der sich in Zeitlupe bewegt, ein Rennfahrer im Piet-Mondrian-Overall, blauer Riesenhund, der von einem Tänzer an Stäben wie eine überdimensionale Marionette geführt wird: Allerlei Fantasiegestalten bevölkern diese "Bilder einer Ausstellung". Das Bayerische Staatsballett II, die Junior Company der berühmten Truppe, eröffnete sein Gastspiel bei den Tanzwochen mit Variationen zu Mussorgskys Klaviermusik, die mit Orgel, Xylophon oder Synthesizer umgesetzt wurde.

Bilder und Werke von Yves Klein, Pablo Picasso, René Magritte oder Jeff Koons bildeten die Inspirationen dieser getanzten Miniaturen, die den jungen Tänzern die Möglichkeit gaben, sich in Duetten oder Solos dem Publikum vorzustellen. Dass man nicht unbedingt die Bilder (er-)kennen musste, verstand sich von selbst. Als "Quiz" bezeichnete Ivan Liska, Direktor des Staatsballetts, diese Werke in der Begrüßung. Genauso kurzweilig wie die Eröffnung blieb der ganze Abend, der Werke verschiedener Choreografen aneinanderreihte und bewies, dass die Tänzer - zwischen 17 und 20 Jahre alt - bereits alle Stile beherrschen von Klassik bis HipHop.

Die Junior Company gibt den jungen Tänzern die Möglichkeit, ein Repertoire unterschiedlicher Choreografien zu erarbeiten, um so sich besser vorstellen und später leichter in eine große Compagnie zu wechseln. Dieses bundesweit einzigartige Projekt für 16 Tänzer gibt es seit 2010. Auch in der Neusser Stadthalle begeisterten sie das Publikum. Voller Energie und Leidenschaft ließen sie auch hochanspruchsvolle Tänze und Figuren ganz leicht aussehen und rissen das Publikum immer wieder zu Szenenapplaus hin.

Hans van Manens anspruchsvolles "Concertante" für vier Paare lotet alle Varianten klassischer Paarbeziehungen aus. Die grün-gestreiften Kostüme verleihen den Tänzern dabei eine reptilienhafte Geschmeidigkeit. Die Paare berühren sich meistens nur kurz, sie streifen sich eher, drehen sich umeinander. Ein Paar schält sich aus der Truppe heraus, wiegt sich im Gleichklang, findet zu Harmonie.

Vor der Pause folgte dann der Höhepunkt des Abends mit dem Publikumshit "Institution Blast" von Ralf Jaroschinski, eine Parodie auf Tschaikowskys "Schwanensee". Zwei Männer, in Hose, Hemd und Krawatte messen ihre Kräfte in eleganten Drehungen und Sprüngen. Der eine macht den anderen nach, der andere korrigiert ihn, alles mit einem ironischem Augenzwinkern. Ein Gerangel unter zwei großen Jungs, dass vom klassischen Ballett bis zu den schwingenden Hüften und coolen Gesten von Musikclip-Choreografien führt - herrlich leicht und amüsant.

In "Polychrome Dances" von Davide Bombana versammeln sich zehn Tänzer in buntem Sportsdress und sehen dabei aus, als hätte sich eine Leichtathletik-Mannschaft auf die Bühne verirrt. Zur Musik von Leos Janaceks Suite aus der Oper "Das schlaue Füchslein" entfalten sie ein farbenfrohes Konstellationenspiel mit Hebungen und Drehungen.

Bei "The New 45" von Richard Siegal, dem zweiten Stück nach der Pause, tanzen zwei Paare zu Stücken von Oscar Peterson, Clark Terry, Harry Belafonte und Benny Goodman. Wie auf einer mitternächtlichen Pyjama-Party geht es zunächst tapsig trippelnd und lässig steppend zu. Erst allmählich entwickeln sich anspruchsvollere Passagen, die trotzdem improvisiert wirken. Ein heiterer Ausklang eines gleichermaßen kunstvollen wie athletischen Abends.

(NGZ)
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