Neuss Reptilien nur noch mit Lizenz?

Neuss · Nach dem Kobra-Ausbruch in Mülheim a.d. Ruhr fordert die Opposition im NRW-Landtag ein Halteverbot für giftige exotische Tiere. Neusser Reptilien-Experten plädieren unter anderem für einen Sachkunde-Nachweis.

 Schlangenzüchter Gerd Plum steht vor seinem Terrarium, in dem sich eine Hondorensis Milchnatter befindet.

Schlangenzüchter Gerd Plum steht vor seinem Terrarium, in dem sich eine Hondorensis Milchnatter befindet.

Foto: Reuter

Wo die ausgebrochene, gerade mal bleistiftdicke und trotzdem hoch giftige Baby-Monokelkobra steckt, die in Mülheim a.d. Ruhr seit der vergangenen Woche einen ganzen Stadtteil in Atem hält, ist noch unklar. Fest steht allerdings, dass auch in Neuss gelegentlich die ein oder andere Schlange ausbüxt.

Nattern, Echsen, Skorpione — begibt sich ein Kein- bis Achtbeiner auf Wanderschaft, ist das ein Fall für Klaus Lambertz. Lambertz ist Vorsitzender der Vivaristischen Vereinigung (Stadtgruppe Neuss), Varanhalter und Terrarientier-Experte. Bricht ein Tier aus, über dessen Gefährlichkeit berechtigte Zweifel bestehen, rufen Polizei und Feuerwehr in der Regel den Uedesheimer zur Hilfe. "So etwas kommt im Jahr durchaus sechs bis acht Mal vor", sagt Lambertz. "Vor allem im Sommer, wenn es warm ist und es die Tiere nach draußen zieht."

Verbot wäre Überreaktion

Ein wirklich gefährliches Geschöpf wie die Mülheimer Monokelkobra ist dem Neusser auf heimischen Straßen bislang allerdings noch nicht begegnet. Von einem generellen Verbot für die Haltung und den Import von exotischen, gefährlichen Tieren durch Privatpersonen, wie es die Opposition im NRW-Landtag derzeit fordert, hält Lambertz, genauso wie sein Vereinskollege Gerd Plum, überhaupt nichts. Das seien Überreaktionen, meinen beide. "Grundsätzlich kann jedes Tier dem Menschen schaden."

Lambertz und Plum setzen statt dessen auf gesunden Menschenverstand und einen gesetzlich festgeschriebenen Sachkundenachweis. Eine solche Eignungsprüfung können Terrarientier-Besitzer heute schon freiwillig bei den Vivaristik-Verbänden ablegen. Zumindest für die Haltung von giftigen Tieren, findet Lambertz, sollte dieses Sachkundezeugnis Pflicht sein. Dazu, sagt er, gehöre auch der Nachweis über geeignete Räumlichkeiten und ein solides, standfestes und abschließbares Terrarium.

Als im Oktober 2006 ein Neusser Klapperschlangenhalter von seinem eigenen Haustier gebissen wurde, und das Gegengift eigens aus München eingeflogen werden musste, setzte sich das Veterinäramt des Rhein-Kreises Neuss verstärkte für eine Meldepflicht für Gifttierhalter beim Ministerium ein. Lambertz hat an entsprechenden Vorschlägen gearbeitet. Daraus geworden, sagt er, sei allerdings nichts. Wegen der Seltenheit der Zwischenfälle wurde eine Meldepflicht bislang nicht für nötig erachtet. 15 Fälle solcher Art gibt es in NRW pro Jahr.

Dabei boomt der Reptilien-Handel, besonders übers Internet. Laut Bundesamt für Naturschutz steigen die Importzahlen exotischer Tiere rasant an. Zwischen 1999 und 2004 wurde bei der Einfuhr von Reptilien eine Steigerung von 42 Prozent registriert — die Dunkelziffer durch illegale Importe nicht mitgerechnet. Klaus Lambertz vermutet, dass vor allem junge Leute wie der 19-jährige Monokelkobra-Besitzer aus Mülheim mit besonders giftigen Tieren angeben wollen.

(NGZ)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort