Neuss Pädagoge rät: "Klare Ansagen für Jungs"

Neuss · Reinhard Winter berät Eltern in Erziehungsfragen. In Neuss referierte er im Rahmen der Reihe "KINDerleben"

"Räum' jetzt bitte sofort die Spülmaschine aus: Dieser Sieben-Worte-Satz ist genau die Ansprache, die Jungs brauchen und auch verstehen", erklärt der Tübinger Pädagoge Reinhard Winter. Es dürften ruhig weniger, aber lieber nicht viel mehr Worte sein. Und auf keinen Fall sollte die Arbeitsaufforderung von Endlos-Erklärungen begleitet werden. "In dem Fall verstehen die Jungs nur Rauschen und reagieren in der Regel überhaupt nicht", fügt er schmunzelnd hinzu.

Seinen Grundsatz "Jungen brauchen klare Ansagen" erklärte der Erziehungsberater am Dienstagabend rund 480 Zuhörern im Forum Marienberg, darunter auch etliche Mütter. Eine davon ist die dreifache Mutter Katja Ludovici aus Kaarst. "Meine beiden Mädchen sind weicher, die Erziehung funktioniert. Unserem fast zweijährigen Sohn müssen wir etwas anders begegnen - das merken wir jetzt schon. Dafür holen wir uns hier Tipps."

Buchautor Winter (59) ist Vater eines Sohnes und einer Tochter und beschäftigt sich seit Jahrzehnten mit Genderforschung. Besonders den männlichen Nachwuchs rückt er in den Fokus. "Um Jungen ranken sich immer wieder Konfliktfelder", erklärt Vera Wunsch vom Familienforum Edith Stein, Koordinatorin der Vortragsreihe "KINDerleben" zu Themen rund um Erziehung und Familie. "Das beginnt mit Rangeleien im Kindergarten, geht weiter mit mangelnder Lernbereitschaft und starkem Medienkonsum und schließlich wilden Ausbrüchen in der Pubertät", erklärt Wunsch.

Dem setzt Pädagoge Winter "klare Führung und Eindeutigkeit" entgegen. "Für Jungen ist eine starke Führungsrolle der Erziehenden, egal ob zuhause, im Kindergarten oder in der Schule, wichtig." Verantwortlich für das "männliche" Verhalten sei nicht zuletzt das Geschlechtshormon Testosteron. "Das allein führt zu mehr Bewegungsdrang und Positionskämpfen - lustvollem Raufen also, aber auch zu Regelüberschreitungen, um die Erwachsenen herauszufordern." Zum anderen vermittle die Gesellschaft, allen voran die Spielzeugindustrie, ein eindeutiges Männerbild. "Jungen lernen früh, dass sie stark, kämpferisch und dominant sein müssen", erklärt Winter, auch durch "Jungs-Spielzeug" wie Ritterburgen oder Piratenschiffe. Will heißen: Kämpfen ist für Jungs normal, und ruhig soll der Papa die Herausforderung zur Rangelei annehmen, denn das sei auch ein "Beziehungsantrag". Dabei sei jedoch eine "klare Haltung und Entschlossenheit", etwa bei der Durchsetzung von Regeln, wichtig.

Keinesfalls sei der "Klare Ansagen"-Ansatz mit einer autoritären Erziehung oder Drill gleichzusetzen, sagt Winter. Dieser beruhe auf Nähe, Zuwendung und Lenkung.

(NGZ)
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