Neuss Otto Saarbourg rudert im Kirchboot zur Party

Neuss · Ein Ruderer von 90 Jahren. Der Neusser Architekt und Heimatfreund feiert runden Geburtstag - der Ruderverein richtet das große Fest aus.

 Cooler Auftritt: Senior Otto Saarbourg im Oldie-Ruderdress mit Zylinder.

Cooler Auftritt: Senior Otto Saarbourg im Oldie-Ruderdress mit Zylinder.

Foto: Georg Salzburg

Dieser Mann hat Spuren in seiner Heimatstadt hinterlassen: Als Architekt die Versöhnungskirche in Vogelsang. Als Bewahrer den Kulturkeller an der Oberstraße. Als Ideengeber das Epanchoir, die Wasserkreuzung von Nordkanal und Obererft. Auch im Alter von jetzt 90 Jahren ist Otto Saarbourg nimmermüde auf Neusser Straßen unterwegs - als Heimatfreund, als Denkmal- und Umweltpfleger, als Quirinusforscher, als Schütze und als Sportsmann. Der Neusser Ruderverein (NRV) ehrte seinen Veteranen, der ihm seit 70 Jahren die Treue hält, nun mit einem Ausflug auf Wasser und einem Fest im Hafen. "Ich bin gerührt, was meine Ruderfreunde für mich auf die Beine gestellt haben", formulierte Otto Saarbourg mit Blick auf seinen Ehrentag.

Auch als alter Knabe kann er sich noch so unbeschwert freuen wie ein Teenager: Otto Saarbourg genoss diesen Sonnentag mit Sport und Musik, mit Reden und Rekeleien, mit Häppchen und Altbier. "Er war gern der Mittelpunkt", sagte später Vorsitzender Joachim Goetz in der Überzeugung, dass der Neusser Ruderverein für seinen alten Recken das richtige Geburtstagsgeschenk ausgewählt hatte. Am Anfang stand die Frage: Was schenken wir einem Freund, der 90 Jahre alt ist? Richtige Antwort: Zeit und Erlebnisse. So war es die Crew des sogenannten Dienstagsstammtisches um Steuermann Siegfried "Cis" Martin, die ihrem Otto Saarbourg diese Ausfahrt der besonderen Art ermöglichte.

Kirchboote werden in Finnland von den Kirchengemeinden zur Verfügung gestellt, damit die Gläubigen von den Inseln zu den Gottesdiensten kommen können. Ein solches Kirchboot, auf den Namen Quirinus getauft, besitzt der NRV. Mit seinen 15 Kameraden - Durchschnittsalter 78,68 Jahre - bestieg Otto Saarbourg, der historische Ruderkleidung angezogen hatte, im Sporthafen das Boot. Seine Mitstreiter trugen ebenfalls weiße Hemden, dazu Zylinder. Begleitet von regulären Ruderbooten ging es stromabwärts bis zur Einfahrt zum Neusser Hafen. Viele Sehleute, die der Fischmarkt angelockt hatte, begrüßten die Boote im Becken I. Endstation war letztlich der Anleger zum Trainingsgelände des NRV auf der Mole II. Dort stellte Rolf Lüppertz die Tradition der Kirchboote vor, dort intonierte Ratsherr Thomas Kaumanns auf seiner Trompete Quirinus- und Heimatlied und dort hielt NRV-Vorsitzender Joachim Goetz seine Laudatio auf Otto Saarbourg, der strahlender Mittelpunkt bei einem bodenständigen Fest der Ruderer war.

 Schauprächtiges Bild: Das Kirchboot Quirinus und seine 16-köpfige Crew bei seiner Visite im Hafenbecken I nahe der Hessentorbrücke.

Schauprächtiges Bild: Das Kirchboot Quirinus und seine 16-köpfige Crew bei seiner Visite im Hafenbecken I nahe der Hessentorbrücke.

Foto: A. Woitschützke

Otto Saarbourg strahlt Vitalität aus. Wer sich auf ihn einlässt, der stößt auf eine wahre Fundgrube von Geschichte und Geschichten, die schnell in einer verbalen Führung durch Neuss münden. Für Otto Saarbourg ist das Leben zu kurz, um immer nur ernsthaft zu bleiben. Er liebt Anekdoten, die er "köstliche Begebenheiten" nennt. Manche von ihnen erzählte er auch auf seinem Fest. Er erinnerte an seinen Schützenlustzug "Bänkelsänger", aber er berichtete auch von den vielen Kultorten, in denen der heilige Quirinus von Neuss verehrt wird und die er auf seinen vielen Wanderungen in der Eifel entdeckt hat - und auch noch entdecken will.

(-lue)
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