Neuss Orthopädie-Techniker aus Neuss hilft in Haiti

Neuss · Als "Volunteer" arbeitete Rico Philipp einen Monat auf Haiti und lernte große Armut und liebenswerte Menschen kennen.

 Geduldig lässt der kleine Haitianer die Arbeiten von Rico Philipp (li.) und einem Kollegen für die neue Prothese über sich ergehen.

Geduldig lässt der kleine Haitianer die Arbeiten von Rico Philipp (li.) und einem Kollegen für die neue Prothese über sich ergehen.

Foto: ON

Als vor fast drei Jahren die Zeitungen und Nachrichtensendungen voll von den Bildern des Erdbebens auf Haiti waren, berührte das auch Rico Philipp. Da ahnte der heute 37-Jährige allerdings noch nicht, dass er selbst einmal dort hinreisen würde, um zu helfen. Zwei Wochen wollte der gelernte Orthopädie-Techniker bleiben und als "Volo", Volunteer, also Freiwilliger, den Menschen, vor allem Kindern, mit seinem Fachwissen helfen.

 Längst arbeitet Rico Philipp wieder im Sanitätshaus.

Längst arbeitet Rico Philipp wieder im Sanitätshaus.

Foto: woi

Zwei Wochen wurde er dafür von seinem Arbeitgeber, dem Sanitätshaus Brockers freigestellt. Geblieben ist er dann vier Wochen – nach Rücksprache mit seiner Ehefrau, die so weitere zwei Wochen mit den beiden Kindern (6 und 3 Jahre) allein blieb. Außerdem nahm Rico Philipp dafür zwei Wochen Jahresurlaub.

Über das Unternehmen "medi" , mit dem Brockers zusammenarbeitete, erfuhr Philipp von dem Projekt und war sofort sehr interessiert. "Medi" aus Bayreuth ist Hersteller medizinischer Hilfsmittel und unterstützt seit Anfang 2010 beinamputierte Erdbebenopfer auf Haiti. 2011 wurde die Organisation "medi for help" gegründet, die eng mit dem ortsansässigen Albert-Schweitzer-Hospital zusammenarbeitet. Seitdem kommen dorthin regelmäßig orthopädische Fachkräfte aus Deutschland, Frankreich und den USA.

"Untergebracht waren wir auf dem Campus der Klinik", sagt Rico Philipp, der sich erst einmal einige Tage an das Klima, 36 bis 38 Grad tagsüber und nachts immer noch 30 Grad, gewöhnen musste. Gewöhnen mussten er und seine Kollegen sich auch daran, dass eben nicht alles, vor allem Wasser, stets zur Verfügung stand. "Morgens um 6, mittags um 12 und abends um 18 Uhr hatten wir jeweils eine Stunde fließendes Wasser", erzählt er. Dann wurden auch rasch Tonnen gefüllt. Mit ständigen Stromausfällen mussten die "Volunteers" ebenfalls rechnen.

Auch heute noch ist Philipp tief erschüttert, wenn er an die große Armut denkt, die ihm dort begegnet ist. Umso verwunderter war der zweifache Familienvater darüber, wie zufrieden die Menschen dennoch sind. "Sie sind sehr entspannt und geduldig. Manche mussten lange auf eine Behandlung warten. Doch beschwert hat sich nie jemand", sagt Philipp. Bewundert hat er vor allem die vielen Kinder, die sich durch ihr Schicksal nicht entmutigen lassen und ihm nach der Behandlung meist ein Lächeln schenkten. "Reden konnte ich leider nicht mit ihnen, wenn kein Dolmetscher in der Nähe war, da ich kein kreolisch spreche", so Philipp.

Nach zwei Jahren mussten er und seine Kollegen in erster Linie neue Prothesen anpassen. "Die Infrastruktur dort ist keineswegs wie bei uns, viele hatten ihre Prothesen einfach kaputt gelaufen." Wenn es möglich wäre, würde Rico Philipp noch einmal nach Haiti fahren, doch er weiß nicht, ob seine Familie das mitmachen würde. Denn Kontakt bestand über vier Wochen nur per E-Mail.

(NGZ)
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