Neuss Opernsängerin geht auf Stimmenfang

Neuss · Die auf der Raketenstation lebende Sopranistin Annette Elster kandidiert für die Freien Wähler für den Bundestag.

 Annette Elster lebt seit 2005 in Neuss und wohnt auf der Raketenstation. Ihr Lebensgefährte ist der Komponist Christoph Staude.

Annette Elster lebt seit 2005 in Neuss und wohnt auf der Raketenstation. Ihr Lebensgefährte ist der Komponist Christoph Staude.

Foto: Woi

Mozart ist auch dann nicht weit, wenn die Sopranistin Annette Elster (52) erklären will, warum sie sich politisch engagiert. "Erhebt euch" zitiert sie den Komponisten und erzählt dann, warum sie, die unter anderem auch schon in der Schweiz und in Italien gelebt hat, für die Unabhängige Wählergemeinschaft (UWG) als sachkundige Bürgerin im Neusser Kulturausschuss sitzt, Mitglied im Bezirksausschuss Holzheim ist, zudem den Posten der zweiten Vorsitzenden der UWG bekleidet und sich nun auch für ein Bundestagsmandat bewirbt. Für die Freien Wähler, die gewissermaßen wie eine Dachpartei für die lokalen Wählergemeinschaften fungieren.

Gerade weil sie so viel international unterwegs war und ist, hatte Elster sich 2014 vorgenommen, "mal klein anzufangen". Mit einer Kandidatur für die UWG - wobei sie auf einen Sitz im Rat gar nicht sonderlich aus war, gibt sie zu, sondern lieber in einem Ausschuss mitarbeiten wollte. "Schule hätte mich auch interessiert", sagt die Mutter einer Tochter, aber Kultur lag für die Sängerin, die auf etlichen Konzert- und Opernbühnen zu Hause ist, natürlich genauso nah.

Und jetzt der Bundestag. Elster, die seit 2005 auf der Raketenstation lebt, sieht ihre Kandidatur ganz pragmatisch: "Möglich wär's ja, aber wenig wahrscheinlich", meint sie, will aber gleichwohl mit der Kandidatur zeigen, dass es wichtig ist, überhaupt jemanden aufzustellen. Ihre Haltung hätte sie auch zur SPD oder zu den Grünen führen können: "Ich bin überhaupt nicht konservativ, sondern kosmopolitisch und pazifistisch", sagt sie von sich und fällt auch dadurch aus der Politikerschablone, indem sie "Frau Merkel" oder andere lobt.

Elsters Entscheidung für die UWG hat demnach vor allem damit zu tun, dass "mehr Opposition nicht schaden kann" und die Freien Wähler und ihre lokalen Wählergemeinschaften für sie "eher ergänzend im demokratischen Sinne" wirken.

Elster ist für die Abschaffung der Kernenergie und der Kita-Gebühr, will für Flüchtlinge durchsetzen, dass sie ihre Ausbildungen bekommen und beenden können ("wir wissen doch, dass sie kommen und sollten nicht einfach wegsehen") und vor allem Jugendlichen klarmachen, dass "Politik auch Spaß machen kann". Dabei helfen ihr die Diskussionen mit der Tochter, die im nächsten Jahr ihr Abitur macht und durch die Mutter einen internationalen Blick auf das Leben vorgelebt bekommen hat.

"Wenn ich mal nicht mehr singe, kann ich mir vorstellen, für eine internationale Organisation zu arbeiten", sagt Elster. Und rudert dann lachend zurück, denn sich wirklich vorzustellen, mit dem Singen aufzuhören - das kann sie nicht. Genausowenig wie einen Wegzug aus Neuss. Sie hatte bereits in vielen Städten gewohnt, als sie mit der fünf Jahre alten Tochter nach Neuss zog, aber dort ihr Zuhause gefunden.

"Höchstens einen Zweitwohnsitz" zieht sie in Erwägung. "Da, wo es wirklich einsam ist, muss gar nicht weg sein", sagt sie lachend, denn die Raketenstation ist ihr inzwischen fast zu trubelig geworden.

(hbm)
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