Schildkrötenhilfe Neuss Zu Besuch bei der Schildkröten-Mama

Neuss · Wer in Neuss und Umgebung eine Schildkröte auf der Straße findet, sollte aufpassen, dass er nicht gebissen wird. Und Marianne Dahmen anrufen. Seit 20 Jahren ist sie die Frau hinter der Schildkrötenhilfe Neuss. Und sie hat mehr zu tun, als man denken könnte.

Neuss: Die Schildkröten in der Schildkrötenhilfe
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Zu Besuch bei der Schildkrötenhilfe Neuss

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Foto: Laura Sandgathe

Aufregung am Dienstag am Schulzentrum Weberstraße: Schüler haben auf dem Bürgersteig eine Schildkröte mit auffälliger gelber Zeichnung gefunden. Sie rufen die Polizei, die sucht den Besitzer. Bis Freitag saß die Gelbwangen-Schmuckschildkröte gesund und munter in einem Becken im Garten von Marianne Dahmen. Zusammen mit einer Rotwangenschildkröte, die ebenfalls die Polizei gebracht hat. Die Gelbwange konnte mittlerweile ihrem Besitzer zurückgegeben werden.

Seit 1996 engagiert sich die 61-jährige gelernte Krankenschwester ehrenamtlich für Schildkröten. Damals hatte sie selbst ein Tier gefunden und sich daraufhin mit den Details der Schildkrötenhaltung beschäftigt. Dann wurden ihr immer mehr Tiere gebracht: "Das wurde ein Selbstläufer", sagt Dahmen. Aktuell leben fünf Wasserschildkröten und fünf Landschildkröten, die vermittelt werden sollen, in ihrer Obhut. In ihrem Garten gibt es einen großen Teich und außerdem ein Gehege, in dem sich die Landschildkröten frei bewegen können.

Im Moment sind vergleichsweise wenig Tiere da. "Wir hatten auch in einem Sommer schonmal 150 Schildkröten hier", erinnert sich Dahmen. In den Sommermonaten hat die Tierschützerin viel zu tun, dann klingelt drei, vier Mal täglich ihr Telefon. "Schildkröten werden bei Wärme aktiv, dann fangen sie an zu laufen", sagt Dahmen. Im Winter dagegen wird es bei der Schildkrötenhilfe ruhig. Das liegt daran, dass es Schildkrötenarten, die zum Beispiel aus den wärmeren Regionen der USA stammen, hier in Deutschland zu kalt wird. "Fällt die Wassertemperatur unter 15 Grad, hören die Tiere auf zu fressen", sagt Dahmen. Das kann in Deutschland bis zu sieben Monate im Jahr der Fall sein. Tiere, die nicht artgerecht über den Winter gebracht werden, verhungern. Deshalb werden in den Wintermonaten auch deutlich seltener Schildkrötenfunde gemeldet.

In den warmen Monaten dagegen kommt es häufig vor, dass eine Schildkröte aus dem Teich oder dem Gehege im heimischen Garten ausbüxt und auf Wanderschaft geht. Und dann auf der Straße gefunden wird. "Viele Schildkröten werden aber auch in öffentlichen Teichen ausgesetzt, wenn ihre Besitzer sie nicht mehr haben wollen - zum Beispiel, weil sie zu groß geworden sind", sagt Dahmen. Darunter sind ihrer Vermutung nach auch einige Schildkröten, die unter Artenschutz stehen und illegal ins Land geschmuggelt wurden. Wie häufig und wo in Deutschland Schildkröten gefunden werden, zeigt die "Mission Turtle Spotter" der Reptilienauffangstation in München. Auf einer interaktiven Karte haben die Tierschützer Fundorte markiert. Sie ist auf der Homepage zu sehen.

Egal, wo; egal, wann; egal, ob Wasser- oder Landschildkröte: Marianne Dahmen weiß Rat, wenn ein Schildkrötenfinder ihn braucht. Sie gibt über die Hotline Tipps, um was für eine Schildkrötenart es sich handeln könnte, wo Sie das Tier abgegeben können und wie Sie es transportieren sollten. Wichtig: Tiere, die unter Artenschutz stehen, müssen in dem Kreis bleiben, in dem sie gefunden werden. Dort müssen sie auch dem Amt für Artenschutz gemeldet werden.

Bei Marianne Dahmen leben Schildkröten aus Neuss, Düsseldorf oder Mettmann. Sie nimmt die Tiere auf, versorgt sie und kümmert sich um eine artgerechte Haltung. "Mir ist es ganz wichtig, dass kein Tier eingesperrt wird", betont sie. Dahmen vermittelt die Schildkröten auch an neue Besitzer, teilweise über das Tierheim, teilweise übernimmt sie die Vermittlung selbst. "Bevor ich ein Tier abgebe, prüfe ich, ob der potenzielle neue Besitzer der Schildkröte auch eine artgerechte Umgebung zum Leben bieten kann", sagt die Tierschützerin.

"Aufpassen, dass sie nicht beißt" - so lautet Dahmens Tipp auf die Frage, was Schildkrötenfinder beachten sollten. Dann am besten direkt die Hotline 02131-465848 wählen und sich an die Hinweise der Expertin halten. Anfassen sollte man die Tiere am besten am Panzer. Wer eine Wasserschildkröte transportieren will, benutzt am besten einen Eimer, eine Landschildkröte lässt sich gut im Karton transportieren.

Marianne Dahmen ist übrigens nicht die einzige Schildkrötenretterin in der Region. Auch in Aachen gibt es eine Schildkrötenhilfe, in Dorsten eine Schildkrötenauffangstation. Das Tierheim Köln-Dellbrück hat aktuell viele Schildkröten abzugeben, heißt es auf der Facebook-Seite.

(lsa)
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