Neuss Neues Wohnkonzept für Demenzkranke

Neuss · Die Gemeinnützige Wohnungsgenossenschaft (GWG) Neuss geht neue Wege: An der Fesserstraße sollen bis Sommer 2019 insgesamt 50 neue Wohnungen entstehen - eine davon als Gemeinschaftswohnung für Menschen mit Demenz.

 Eine Visualisierung des GWG-Bauvorhabens an der Fesserstraße, Ecke Römerstraße. Die Neubauten sollen eine Baulücke schließen.

Eine Visualisierung des GWG-Bauvorhabens an der Fesserstraße, Ecke Römerstraße. Die Neubauten sollen eine Baulücke schließen.

Foto: GWG

Eine Demenzerkrankung stellt alle Beteiligten vor große Herausforderungen: in erster Linie die Betroffenen selbst, die ihr Leben, so lange es irgend möglich ist, selbstbestimmt weiterführen wollen. Aber auch Angehörige, die sich gern kümmern würden, durch ihren Beruf und vielfältige andere Belastungen jedoch kaum dazu in der Lage sind. "Wir haben uns gefragt: Was können wir unserer sich wandelnden Gesellschaft tun? Was können wir anbieten?", sagt Ulrich Brombach, Vorstand der Gemeinnützigen Wohnungsgenossenschaft (GWG) Neuss. "Natürlich hatten wir gleich an eine Wohngruppe gedacht, aber in ihrer traditionellen Form erfordert dieses Modell einen Anbieter, der die Betreuung sicherstellt", schildert er die Überlegungen, "wir aber wollten selbstbestimmtes Wohnen ermöglichen."

In dieser Planungsphase begegnete Brombach, zudem Vorsitzender des Arbeitskreises "Wohnen für ein langes Leben", Monika Schneider. Sie ist Geschäftsführerin der Kölner "Agentur für Wohnkonzepte", die aktuell 16 selbstbestimmte Wohngemeinschaften im Rheinland begleitet. Ihr Knowhow fließt in ein Neubauprojekt ein, das die GWG ab Sommer 2018 an der Ecke Fesser-/Römerstraße verwirklichen will: Dort sollen 50 neue Wohnungen entstehen - eine davon als Gemeinschaftswohnung für Menschen mit Demenz.

"Das Prinzip ist angelehnt an Elterninitiativen, die eine Kita betreiben", erklärt Monika Schneider, die vor 14 Jahren mit alternativen Wohnformen an den Start ging. Die Bewohner beziehungsweise ihre Angehörigen oder Bevollmächtigen engagieren sich in der Selbstverwaltung der Wohngemeinschaft. Gemeinsam mieten sie den Wohnraum über einen Dauernutzungsvertrag von der Genossenschaft an, verständigen sich über einen Pflegedienst und erteilen diesem den Auftrag für eine Rund-um-die-Uhr-Betreuung. "Das ist eine echte Alternative zur häuslichen Betreuung", versichert Schneider. Die Vorteile liegen für sie auf der Hand: Die überschaubare Gemeinschaft bietet eine familiäre Atmosphäre, gibt Halt und Struktur. Die Bewohner bestimmen selbst in allen Fragen des Wohn- und Lebensalltags - von der persönlich gehaltenen Einrichtung über den Tagesablauf und Aktivitäten bis hin zur Haushaltsplanung. "Die Haushaltskosten sind durch das gemeinsame Wirtschaften sensationell niedrig", sagt Schneider. Entsprechend mehr Geld bleibe für Pflege und Betreuung übrig.

Wenn schließlich jemand seine Wünsche in Folge der Demenz nicht mehr in Worte fassen kann, ist es umso wichtiger, dass die Mitbewohner seine Persönlichkeit und Biographie kennen, um auf Bedürfnisse schließen zu können. Und selbst dann, wenn die Fähigkeiten der Bewohner nachlassen und der Pflegebedarf steigt, ist der weitere Verbleib in der Gemeinschaft bis zum Tod möglich.

Die Lage des Grundstücks an der Ecke Fesser-/Römerstraße gefällt Monika Schneider: "Je mehr los ist desto eher können die Bewohner am ganz normalen Leben teilnehmen", findet sie. Im Rahmen eines größeren Bauvorhabens, zu dem auch die energetische Sanierung von Bestandswohnungen an der Römerstraße und der Umbau eines Gewerbegebäudes zu zehn Wohneinheiten gehören, sollen vier Mehrfamilienhäuser errichtet werden. Für die Demenz-Wohngruppe ist eine Gesamtfläche von 465 Quadratmetern im Erdgeschoss vorgesehen - Platz für zehn Einzel-Appartements und Gemeinschaftsräume. Außerdem ist im geschützten Innenhof ein Sinnesgarten vorgesehen. Wenn der Bebauungsplan den Stadtrat in seiner September-Sitzung passiert, rechnet Ulrich Brombach mit einem Baubeginn in 2018. Der Einzugstermin könnte dann schon im Sommer 2019 sein

"Als Mitglieder einer Genossenschaft sind unsere Mieter basisdemokratische Strukturen gewohnt", ergänzt Brombach einen Aspekt, der ihm am Wohngruppen-Modell besonders gefällt, "von daher passt diese Wohnform gut zur GWG."

(NGZ)
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