Neuss Napp feiert seinen 70. im Münsterland

Neuss · Der Altbürgermeister hat heute Geburtstag. Als Rathaus-Chef war er mehr als 17 Jahre Mittelpunkt des öffentlichen Lebens in Neuss. Er hat sich zurückgezogen. Als Privatier verbringt er seinen Ehrentag mit der Familie im Münsterland.

 Kaum ein Jahr ist es her, da schloss Herbert Napp zum letzten Mal die Tür zum Bürgermeister-Büro ab; mit dabei Sekretärin Susanne Schöpkens.

Kaum ein Jahr ist es her, da schloss Herbert Napp zum letzten Mal die Tür zum Bürgermeister-Büro ab; mit dabei Sekretärin Susanne Schöpkens.

Foto: Woi

Raus ist raus. Herbert Napp bleibt seinem Grundsatz auch heute als 70-Jähriger treu. Seinen runden Geburtstag feiert er abseits der Öffentlichkeit mit seiner Familie im Westmünsterland: "Ich freue mich auf meine vier Enkel. Alles Jungs." Auf die gesellschaftliche Bühne in Neuss kehrt der Altbürgermeister auch als Altersjubilar nicht zurück. Dort war sein Platz als Bürgermeister und zuvor als Vorsitzender der CDU-Ratsfraktion. Zu seinem Fünfzigsten gab er eine große Party im damaligen Proberaum des Landestheaters an der Wolberostraße; als Sechziger empfing er seine privaten Freunde im Theater am Schlachthof und das offizielle Neuss einen Tag später im Zeughaus. Heinz-Günther Hüsch hielt die Laudatio, Kabarettist Ludger Stratmann gratulierte mit launigen Betrachtungen.

So schnell geht das. Vier Jahrzehnte lief in der Neusser Politik - und darüber hinaus - nichts an diesem Mann vorbei. Er war in den 1970er Jahre Vordenker der sogenannten "Jungen Wilden" - er selbst spricht lieber vom "Schwarzen Block" -, in den 1980ern war er der Stratege im Hintergrund, als seine Weggefährten Siegfried Zellnig (Landtag), Hans-Heinrich GrosseBrockhoff (Stadtdirektor) und Bertold Reinartz beim Marsch durch die Institutionen schon oben angekommen waren.

In den 1990ern ging dann sein Stern auf. Zunächst führte er als Vorsitzender seine CDU-Ratsfraktion von Erfolg zu Erfolg, so dass die ihn - gegen Widerstand aus der Partei - 1998 zum Bürgermeister wählte. Napp hatte das Amt gefunden, dem er mehr als 17 Jahre Gesicht und Gewicht gab - bis zum 20. Oktober 2015. Kaum ein Jahr ist es her, dass er zum letzten Mal sein Büro abschloss und im "Drusus 1" zur letzten Runde bat. Seither ist Herbert Napp Privatier, Reiner Breuer ist sein Nachfolger.

Alles hat seine Zeit. Diese These vertritt Herbert Napp: Mittelpunkt war gestern, Distanz ist heute. Die Tu-Phase habe er hinter sich gelassen, "jetzt bin ich in der Ruh-Pause." Mit dem Machtverlust könne er gut leben. Nicht mehr mitmischen zu können, vermisse er noch am ehesten in der Stadtplanung und -entwicklung: "Da tun sich spannende Dinge auf, da juckt es mich. Da würde ich gern noch mitmachen." Geht nicht, tut er nicht. Denn er hat sich eine Ruhejahr auferlegt und gelobt, ein Jahr lang zu politischen Themen zu schweigen. Daran hält er sich. Erstens sei das Jahr noch nicht um. Zweitens tue das Schweigen "mir und den anderen gut".

Wenn er gefragt werde, sagt Herbert Napp, gebe er seine Erfahrungen weiter; erteile Rat. Das alles geschehe auf freundschaftlicher Ebene. Beruflich werde er nicht mehr aktiv. Seine Zulassung als Anwalt habe er zurückgegeben, ein Berater- oder Maklerbüro werde er nicht eröffnen. Napp grüßt als Privatier.

Um den Tagen eine Struktur geben zu können, sagt Napp, habe er Kulturtechniken neu erlernen müssen. Er pflege nun seinen Terminkalender, er beherrsche inzwischen seinen Computer ("Den habe ich für Teufelszeug gehalten"), er schreibe wieder Briefe, er fahre selbst Auto "Parkplatzsuche inklusive". Napp genießt's, Zeit zu haben. Zeit für die Freunde am Mittagstisch im Drusushof, Zeit fürs Golfen, Zeit für die Muckibude, Zeit fürs Kochen: "Ich bereite meiner Frau mit Freude das Abendessen." Und was hat er sich noch vorgenommen? "Freundlich zu den Menschen sein. Das konnte ich im Beruf nicht immer sein!"

(-lue)
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