Neuss Nachts in der Apotheke: Nichts für Angsthasen

Neuss · Ob gefälschte Rezepte, Junkies oder kindische Spaßvögel - im Nachtdienst müssen Apotheker häufig Nerven bewahren.

Das mulmige Gefühl, das einnen ab und an beschleicht, gehört wohl zum Beruf des Apothekers dazu. Besonders, wenn die Nacht einbricht, die Ladentür verriegelt ist und mit Kunden nur noch durch eine kleine Luke kommuniziert wird. Nicht immer kommen die Menschen in dieser dunklen Zeit, um sich Kopfschmerztabletten oder Wärmepflaster zu holen. "Man weiß nie, wer da vor der Tür steht", sagt Christoph Napp Saarbourg, Sprecher des Apothekerverbandes des Rhein-Kreises.

Feldbett, Videos, Lesestoff - oft ist in diesen Stunden Zeit totschlagen angesagt. Dabei darf der Apotheker nachts nicht allzu schläfrig sein. Wachsamkeit ist gefragt. "Manche nutzen den Nachtdienst, um gefälschte Rezepte vorzulegen, sie denken, da würde nicht so gut aufgepasst", sagt Naap-Saarbourg. Nicht alle würden zudem cool reagieren, wenn der Apotheker sie auf frischer Tat ertappt. Manche seien sogar richtig aggressiv. Zudem sei es keine Seltenheit, dass Drogenabhängige in den späten Stunden versuchen, an ihre Ersatzstoffe zu kommen. "Das Problem ist, dass man alleine in der Apotheke ist. Da hat man im Notfall keinen allzu großen Handlungsspielraum", sagt Napp-Saarbourg. Harmloser sind da die Feierwütigen, die sich nach einer durchzechten Nacht einen Spaß erlauben und Viagra oder Potenzmittel bestellen.

Doch auch andere Mittel werden im Nachtdienst häufig nachgefragt - zum Beispiel die "Pille danach". Das erlebt Wilhelm Junior, Chef der Elch-Apotheke in der Nordstadt, immer wieder. "Es sind dann häufig junge Männer, die das Präparat für die Frauen abholen wollen", sagt der 65-Jährige. Ausgehändigt werde das Medikament jedoch nur an die Frauen selbst - und dass auch nur nach ausführlicher Beratung sowie Beantwortung eines Fragebogens. Was der Apotheker in seiner langen Berufserfahrung - er führt die Elch-Apotheke seit 30 Jahren - auch immer wieder erfährt, sind nächtliche Anrufe. "Oft heißt es dann, der Kunde komme sofort vorbei", sagt Junior. "Man hält sich dann wach und wartet, aber es kommt niemand."

Früher haben die Städte Neuss und Kaarst ihren Nachtdienst in Eigenregie organisiert. "Damals hat man ein harmonisches, ortsbezogenes System aufgebaut", sagt Napp-Saarbourg. Mittlerweile läuft die Organisation landesweit. Früher hatte jeder Pharmazeut eine bestimmte Partnerapotheke, mit der er rund einmal pro Monat gemeinsam Nachtdienst hatte. Nun werden die Partner nach Kilometerabstand bestimmt. Die klassische Gruppeneinteilung gibt es nicht mehr. Der Nachtdienst gilt für 24 Stunden. Das heißt, dass ein Apotheker von 9 Uhr bis 9 Uhr am nächsten Tag im Laden sein muss. "Das ist anders als beim ärztlichen Notdienst, wo man sich mit dem Arzt verabreden kann", so Napp-Saarbourg.

(NGZ)
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