Neuss Mit Musik auf Reise in die 30er Jahre

Neuss · Roswitha Dasch und Ulrich Raue präsentierten in der VHS Mischa Spoliansky.

Seit einem Jahr freut sich Ursel Hebben, Fachbereichsleiterin Kultur der VHS, nun schon auf diese Veranstaltung. Eigentlich war die Musik-Revuette unter dem Titel "Es liegt was in der Luft" mit Roswitha Dasch und Ulrich Raue Teil der Jüdischen Kulturtage, die Anfang 2015 stattfanden. Die Grippewelle verhinderte damals den Auftritt, aber dieses Jahr widerstehen ihr die beiden Musiker und präsentieren ihr Programm in der VHS, das dem Pianisten und Komponisten Mischa Spoliansky gewidmet ist.

Nur rund 25 Zuhörer sind gekommen, aber die bekommen einen lebhaften Einblick in das Berlin der 1920er und 1930er Jahre. Violinistin Roswita Dasch und Pianist Ulrich Raue begeben sich auf eine Zeitreise durch das Leben von Mischa Spolinasky, der als Entdecker von Marlene Dietrich gilt. Spolianskys Weg beginnt nach dem Ersten Weltkrieg 1918. Witzig, charmant, aber auch zeitkritisch widmet er sich seiner Zeit, beschreibt die Schwächen der Menschen. Etwa Seitensprünge in "Meine beste Freundin" oder die neue Sachlichkeit in "In der Luft". Mehr und mehr widmet sich Spoliansky dem aufkommenden Nationalsozialismus. Etwa in "Zehn kleine Meckerlein", in dem er Nazi-Größen und ihre Marionetten verspottet. Einige seiner Lieder scheinen auch auf die heute Zeit zu passen. 1933 muss Spoliansky Deutschland verlassen. Über Umwege erreichte der russisch-jüdische Komponist London, wo er zu dem Zeitpunkt bereits durch seinen Filmschlager "Tonight or never" ("Heute Nacht oder nie") populär ist. Rasch kann er die britische Staatsangehörigkeit annehmen, arbeitet fortan als Filmkomponist. Erst 1977 tritt Spoliansky gemeinsam mit Margo Lion noch mal bei den Berliner Festwochen auf.

Roswita Dasch und Ulrich Raue bringen seine Stücke mit gutem Gesang, zeitgemäßer Kostümierung und einer guten Portion Selbstironie auf die Bühne. Immer wieder beziehen sie das Publikum ein, garnieren die Musik mit Hintergrundinformationen zu den Stücken und Zeitdokumenten. Etwa zwei Zeitungs-Kritiken zur Premiere einer Revue von Spoliansky, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Auch Gedichte, die Spoliansky inspiriert haben tragen beide vor. Etwa das makaber-lustige "Seemannsliebe" von Ringelnatz. Und in der Zugabe gewähren beide schon Einblick in ihr nächstes Projekt: Lieder von Kurt Tucholsky. Auch das scheint einen Besuch Wert zu sein.

(NGZ)
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