Neuss Mit Hauschka durch den Orbit

Neuss · Der Pianist und Komponist stellte in der Langen Foundation sein Album "What If" vor. Konzertbesucher fühlten sich an einen Raketenflug durchs Weltall erinnert - mit einer spannenden Mischung aus Avantgarde, Techno, Pop und Klassik.

 Hauschka war zu Gast in der Langen Foundation und sorgte für einen Abend, der die Konzertbesucher in den Bann zog. Der Künstler bewies auch Humor: "Das erste Stück dauert 75 Minuten", sagte er mit einem Schmunzeln.

Hauschka war zu Gast in der Langen Foundation und sorgte für einen Abend, der die Konzertbesucher in den Bann zog. Der Künstler bewies auch Humor: "Das erste Stück dauert 75 Minuten", sagte er mit einem Schmunzeln.

Foto: woi

Sowohl Lokalität als auch Philosophie der Langen-Foundation auf dem Gelände der ehemaligen Nato-Raketenstation sind prädestiniert für die Präsentation außergewöhnlicher und aktueller Kunst, gleich welchen Genres. Der Wahl-Düsseldorfer Klangkünstler Hauschka alias Volker Bertelmann war daher am Donnerstagabend dort mehr als gut aufgehoben. Für ihn persönlich - es war sein dritter Besuch - war es aber auch ein Ausdruck für das freundschaftliche Verhältnis zu der kulturellen Institution. Er stellte sein aktuelles Werk "What If" vor; es ist sein 15. Studioalbum, und er widmet sich wieder dem Präparierten Klavier. "In welcher Welt werden meine Kinder einst leben?" sagt er, "diese Frage hat mich bei der Arbeit immer beeinflusst."

Aufgewachsen ist Bertelmann im Wittgensteiner Land, dessen Natur sich übers Jahr in vielfältigen Stimmungen und Nuancen darstellt. Schroff, nasskalt und windig ist dort der Winter, verschwenderisch üppig blüht der Sommer, eine explodierende Flora im Frühling und ein melancholischer Herbst. Hauschkas Musik, so scheint es, hat etwas von dieser Vielfältigkeit in sich. Mal kommt er dem Publikum zart und poetisch daher, mal überfallartig mit brachialer Wucht und ungezügelter Kraft.

Zwei Playpianos - und ansteuernde Mischpulte - sind seine Band. Der von ihm mit Cellophan, Klebeband, Papier, Gummi- oder Filzplättchen manipulierte Konzertflügel erzeugt musikalisches Kopfkino, Bilder wie in Traumsequenzen. Sphärisch wabern Töne durch den Raum, irritierend verfremdet, doch dann wieder wohltuend einfühlsam. Es raschelt, es klimpert, kratzt, hackt und jault. Das Publikum ist gefordert, sich vollkommen auf das Zuhören einzulassen.

Das alles klingt nach schwerer Kost. Dabei hatte Hauschka doch noch schmunzelnd gewarnt: "Das erste Stück dauert 75 Minuten. Wer also jetzt gehen möchte, hat noch eine Chance." Doch die Zeit verrinnt wie im Flug, variierende Spiel- und Stilarten machen das Konzert kurzweilig. Avantgarde, Techno, Pop und Klassik, diese vollkommen artfremden Richtungen miteinander zu verbinden, lässt die Besucher erstaunen. Auf eine feingliedrig und kleinteilig arrangierte Sequenz folgt eine voluminöse Breitseite, auf halbem Weg in die Trance wird der Zuhörer ins grelle Jetzt zurückgeholt. Das Auditorium - nichts als Beton - ist dabei zur Unterstützung des Raumklanges wie geschaffen. Live eingespielte Projektionen begleiten Hauschka. Monochrome Linien und Punkte - Strichmännchen und Sternenstaub - oder eiskalte Spots, auch visuell kommt der Abend facettenreich daher.

Eine spielerische Fantasie für Gaffertape beendet ein beeindruckendes Konzert, viele Bravos und langanhaltender Applaus für einen ebenso herausragenden wie sympathischen Künstler. Ein User hat im Internet zu "What If" gepostet, dass ihn die Musik in Teilen an einen Raketenflug durchs Weltall erinnert. Viele Konzertbesucher werden - an eben diesem besonderen Ort - sicherlich zustimmen können.

(NGZ)
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