Neuss Mit Engel gegen den Klimawandel

Neuss · Grafiker Rolf Geissler kommentiert mit seiner Figur die ihn bewegenden Themen des Jahres.

 Der Sturm fegt den Weihnachtsengel fast hinweg.

Der Sturm fegt den Weihnachtsengel fast hinweg.

Foto: Geissler

Es fehlt nicht viel, und es bläst den Engel hinweg. Seine Flügel helfen ihm kaum in diesem Sturm, nur mühsam kann er sich am sich schon biegenden Stamm der Palme festhalten. Wie lange die wohl noch steht? Die Figur mit den ramponierten Flügeln taucht alljährlich zur Weihnachtszeit im Atelier des Grafikers Rolf Geissler auf. Sie entsteht in Herz und Hirn des Künstlers, denn mit seinem traditionellen "Jahresengel" kommentiert er, was ihn in Politik und Gesellschaft besonders stark beschäftigt hat. Im ablaufenden Jahr geht es um das Weltklima.

Die erst im November stattgefundene Weltklimakonferenz in Bonn war das Tüpfelchen auf dem i, das in Geissler das Bild vom durch Sturm und Untergang bedrohten Engel hat aufscheinen lassen. Dafür macht es gar mal einen Ausflug auf die Fidschi-Inseln - symbolisiert in der Palme -, dessen Öko-Klima durch den ansteigenden Meeresspiegel massiv bedroht ist. Der kleine Inselstaat war der Gastgeber im novemberkalten Bonn, kämpft seit vielen Jahren mit den Auswirkungen des Klimawandels, weiß schon jetzt, dass es viele Inselchen als verloren ansehen muss - was Geissler mit ertrinkenden Menschen am Fuß der Palme spiegelt.

Die Arbeit ist eine Kaltnadelradierung, sehr aufwendig nicht nur im Stich, sondern auch im Druck: "20 Minuten braucht es für ein Exemplar", sagt Geissler, der aber auch in diesem Fall wie immer eine Auflage von 30 Stück anbietet. Die Arbeit mit der Kaltnadel mag er, auch wenn sie für ihn viel Zeit und Geduld bedeutet. Bis in den letzten Millimeter hinein hat er die Kupferplatte mit der Nadel bearbeitet: "So bin ich ganz dicht dran am Material", sagt er und ergänzt lachend: "Ist auch ein bisschen Künstlerluxus."

Der Klimawandel und seine Folgen sind beileibe nicht das erste Mal Thema seines Jahresengels. Zum ersten Mal tauchte das Thema 1986 auf - nach Tschernobyl. Dünnsäure-Verklappung, Dieselabgase, FCKW-Gefahr kamen danach, ebenso wie die Jahrhundertflut 2002 an Elbe und Oder.

Im Atelier von Rolf Geissler ist zudem wieder ein spezieller "Weihnachtsraum" eingerichtet, gefüllt mit Engeln. Mal als Zeichnung, mal als Aquarell, mal mit Tusche, mal mit Bleistift aufs Papier gebracht. Ganz so, wie es Regina Bender in den Sinn kommt. Denn die Malerin experimentiert gern mit Material und Farbe, nur das Motiv ist immer das gleiche: Sie malt und zeichnet Engelsfiguren.

Info Büttger Straße 74, Sonntag, 17. Dezember, 11 bis 20 Uhr

(hbm)
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