Neuss Mit dem Hafenmeister auf Kräne und Schiffe

Neuss · Davor Kobasic weiß nie, was ihm der Tag bringen wird. Für ihn macht das den Reiz seines Jobs aus.

 Hafenmeister Davor Kobasic will einem NGZ-Leser die Arbeitswelt des Hafens zeigen. Ein Aufstieg auf eine Krananlage gehört dazu.

Hafenmeister Davor Kobasic will einem NGZ-Leser die Arbeitswelt des Hafens zeigen. Ein Aufstieg auf eine Krananlage gehört dazu.

Foto: A. Woitschützke

Duisburger Straße 12: In einer fast rauchfreien Arbeitswelt ist dieser flache Containerbau auf der Mole zwischen den Hafenbecken III und IV der vielleicht letzte Rückzugsraum für den blauen Dunst. In dieser Männerwelt gehört die Zigarette so selbstverständlich zum Alltag wie der Schutzhelm oder die dicke Jacke mit Reflektorstreifen und großen Flächen in Signalfarbe. Wer hierhin als Spediteur oder Binnenschiffer kommt, um etwas in der Hafenmeisterei zu erleidigen, der bleibt nicht lange. Und wer hier arbeitet, sitzt nie lange still. Der Hafen ist das Herz der Industrie in Neuss - und Hafenmeister wie Davor Kobasic (51) regulieren seinen Schlag.

"Tante Ju hat angerufen, es ist irgendwas mit dem Greifer von Kran 16": Mit dem Handy am Ohr dirigiert Kobasic einen Kollegen zu einem neuen Einsatzort. Er selbst kann jetzt nicht weg und nach dem Fehler suchen. Die Hafenmeisterei wäre sonst verwaist. Das wäre nicht unbedingt eine Katastrophe, denn dank Rufumleitung und Mobiltelefon wäre Kobasic überall im Hafen erreichbar - aber jetzt klingeln ja schon alle."Leerlauf kennen wir hier gar nicht", sagt der in Neuss aufgewachsene Kroate mit dem Handy am Ohr, während ein zweites auf dem Tisch brummend eine eingehende Mail ankündigt und auf dem Schreibtisch im Hintergrund ein drittes Gerät drängend bimmelt. "Auch nicht zwischen Weihnachten und Neujahr."

Aber das hat der gelernte Kfz-Mechaniker gewusst und gesucht, als er vor zehn Jahren vom Kran ins Büro wechselte. Von dort aus organisiert er die Einsatzpläne für die 26 Kräne der Neuss-Düsseldorfer Häfen - und ihre Mannschaften. Sein Telefon ist aber auch das Bindeglied zur Eisenbahnlinie der Rheincargo, die ihm die Leerzüge dorthin rangieren muss, wo ein Schiff seine Ladung löschen will, oder die volle Züge unter einen Kran bugsiert, wenn deren Inhalt in den Laderaum eines Frachters umgeschlagen werden soll. Kobasic steuert aber auch ankommende Binnenschiffe über Funk zu ihren Liegeplätzen. Dank GPS-Technik tauchen die nicht mehr überraschend im Erftkanal auf, müssen sich aber auch nicht mehr abmelden. "Mit dem System Marine-Traffic sehen wir immer auf dem Bildschirm, wo die sind", sagt Kobasic.

Er selbst ist nicht frei von Fernweh, aber noch nie hat Kobasic auf einem Binnenschiff angeheuert. Als er Ende der 1980er Jahre zum damaligen Hafenamt kam, setzte ihn dieses als Kranführer ein. "Schwindelfreiheit ist die Voraussetzung für diesen Job", sagt er.

Doch nach einigen Jahren war es ihm zu wenig, mit der "Katze", wie Fahrerstand samt Krananlage genannt werden, über die Brücke hin und her zu fahren. Also musterte er ab und wechselte in das Fahrerhaus eines Lastwagens, um auf große Fahrt zu gehen. Er kehrte auf den Kran zurück und wechselte von dort unter der Voraussetzung in die Hafenmeisterei, dass er Überstunden und Urlaubstage auf dem Bock eines Sattelschleppers abbummeln darf.

Von diesen Überstunden kommen nicht zuletzt wegen der häufigen Rufbereitschaft etliche zusammen. Aber die Unwägbarkeit seines Alltags hat dem Hafenmeister mit Wohnort Allerheiligen längst abgewöhnt, auf die Uhrzeit zu achten. "Ein Schaden an einer der Anlagen, eine Havarie im Hafen oder ein Ölunfall - dann müssen wir ran."

(-nau)
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