Neuss Missbrauch? Ministerin prüft

Neuss · Seit zweieinhalb Jahren liegen Anzeigen gegen einen ehemaligen Turntrainer der TG Neuss vor. Vorwurf: sexueller Missbrauch von kleinen Mädchen. Jetzt hat NRW-Justizministerin Müller-Piepenkötter die Unterlagen angefordert.

Wird der Missbrauchs-Vorwurf gegen einen ehemaligen Turntrainer der TG Neuss jetzt zur Chefsache? NRW-Justizministerin Roswitha Müller-Piepenkötter ist von der Neusser Familienanwältin Helga Koenemann auf ihren Wunsch hin unterrichtet worden. "Unsere Fachabteilungen überprüfen den Vorgang", erklärte Ministeriumssprecherin Andrea Bögge. Es geht um zehn Fälle.

Am Rande der Podiumsdiskussion zum Thema "KO-Tropfen" bei den Neusser Maltesern war die Ministerin im Gespräch mit Koenemann und der Mutter eines Opfers auf den Fall und die Verzögerungen aufmerksam geworden. "Schicken Sie mir die Unterlagen", forderte die Ministerin Koenemann auf. Denn Eltern haben bereits im Herbst 2007 den Vorwurf erhoben, dass ein Trainer der TG Neuss über einen längeren Zeitraum junge Mädchen während des Turntrainings sexuell missbraucht haben soll. Sie erstatteten Anzeige gegen den 55-Jährigen. Doch bis heute ist der Fall nicht vor Gericht gelandet. . Bei Hilfestellungen und im Geräteraum soll es intime Berührungen gegeben haben.

Seit dem NGZ-Bericht Mitte Januar gibt es wieder Bewegung. So gab die Staatsanwaltschaft einen konkreten Ermittlungsauftrag an die Neusser Polizei. Sie sollte, so Johannes Mocken, Sprecher der Staatsanwaltschaft, zwei Bezugspersonen der Opfer vernehmen, die sich bei ihr gemeldet hatten. Dies ist inzwischen geschehen, die Akte ist am Montag wieder auf dem Tisch des zuständigen Oberstaatsanwaltschaft Stephan Hintzen gelandet.

Die neuen Aussagen werden einer Sachverständigen vorgelegt. Der gleichen, die bislang alle Aussagen der Kinder als nicht glaubhaft bezeichnet hat. Ob sie anhand der neuen Aussagen von ihrer bisherigen Meinung abweicht, ist für Rechtsanwältin Koenemann mehr als zweifelhaft. Die negativen Aussagen der Gutachterin hätten bislang verhindert, dass der Fall vor dem Richter landet. Gegenüber der NGZ hatten sich zwei Opfer sehr kritisch über die Art und Weise der Befragung durch die Expertin geäußert. Der Fall war 2009 sogar eingestellt worden, ehe der Generalstaatsanwalt der Beschwerde Koenemanns stattgab und die Staatsanwaltschaft erneut tätig werden musste.

"Gegebenenfalls können wir auch eine andere Psychologin beauftragen", so Mocken. Noch im Januar hatte er erklärt, dass die Behörde überlegt, die betroffenen Kinder erneut untersuchen zu lassen — dann aber nicht von der bisherigen Gutachterin, die, so Mocken damals, möglicherweise "nicht unvoreingenommen" gewesen sein soll, weil sie zu einem früheren Zeitpunkt schon einmal mit dem Beschuldigten zu tun gehabt haben soll. Auch dies soll Gegenstand der ministeriellen Prüfung sein.

(NGZ)
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