Neuss Mehr Bürger beantragen Waffenscheine

Neuss · Nach den Ereignissen aus der Silvesternacht decken sich immer mehr Bürger mit Pfefferspray ein. Zudem verkaufen die Waffenhändler deutlich mehr Gaspistolen. Damit hat sich ein Trend, der 2015 einsetzt, deutlich beschleunigt.

Bislang waren es unter anderem steigende Einbruchszahlen, doch nach "Köln" und den Übergriffen in der Silvesternacht hat sich etwas verändert. Viele Bürger sind verunsichert und haben Angst. Hautnah bekommen das vor allem die Waffenhändler in Neuss und Umgebung mit: Vor allem die Nachfrage nach Pfefferspray und Gaspistolen hat deutlich angezogen. Das bestätigt ein Neusser Waffenhändler, der namentlich nicht genannt werden möchte. "Seit Jahresbeginn haben wir in unserem Geschäft etwa doppelt so viel Pfefferspray wie sonst üblich verkauft. Und an Gaspistolen ist etwa ein Drittel mehr weggegangen", sagt er.

Der Kundenstamm hat sich deutlich ausgeweitet. Für die Gaspistolen ist ein Kleiner Waffenschein erforderlich, das Pfefferspray hingegen frei verkäuflich. "Es kommen vor allem Männer, die dieses Spray für ihre Ehefrauen oder Töchter zur Selbstverteidigung besorgen", sagt der Waffenhändler. "Ich hatte sogar Kunden, deren Tochter in der Silvesternacht in Köln gefeiert hat. Sie hat die Übergriffe miterlebt - und jetzt das Bedürfnis, sich zu schützen."

Der Trend ist bundesweit zu spüren - und das nicht erst seit Silvester. Nach Angaben des Verbandes deutscher Büchsenmacher und Waffenhändler (VdB) haben sich die Verkaufszahlen schon im Herbst 2015 im Vergleich zum Vorjahr verdoppelt. "Köln" und die Ereignisse der Silvesternacht haben dies noch einmal zusätzlich befeuert.

Das schwindende subjektive Sicherheitsgefühl der Bürger im Rhein-Kreis lässt sich auch an einer anderen Tatsache ablesen: Seit Anfang des vergangenen Jahres beantragen immer mehr Bürger im Kreis den sogenannten Kleinen Waffenschein. Während es 2014 noch 100 Menschen waren, gab es 2015 bereits 163 Anträge. Die Polizei spricht von einem "deutlichen Anstieg": "Alleine in den ersten Tagen des neuen Jahres sind schon 20 Anträge eingegangen", sagt Polizeisprecher Hartmut Batz.

Der Kleine Waffenschein berechtigt grundsätzlich zum Führen von ab 18 Jahren frei erhältlichen, geprüften Signal-, Reizstoff- oder Schreckschusswaffen. "Das heißt aber nicht, dass Sprays, Elektroschocker, Gas- und Schreckschusspistolen auch jederzeit benutzt werden dürfen", betont Batz. "Das ist - auch mit Kleinem Waffenschein - nur in Notwehr erlaubt und ansonsten strafbar. Und man darf sie nicht überall bei sich tragen. Bei öffentlichen Versammlungen sowie auf dem Weg dorthin sind diese Gegenstände verboten."

Der Handel mit Sicherheitstechnik ist grundsätzlich kein einfaches Geld-gegen-Ware-Geschäft. Welches Verteidigungsmittel ist für den Kunden am besten geeignet? Wie bedient man es? Welchen Effekt hat es auf den Angreifer? All diese Fragen müssen geklärt sein, bevor eine Waffe über den Ladentisch geht. Wie groß die Verunsicherung bei den Bürgern ist, zeigen zudem die Diskussionen in sozialen Netzwerken wie Facebook. Dort äußern zahlreiche Neusser, dass sie sich um die Sicherheit sorgen.

(NGZ)
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