Neuss Maler wird zum Flaneur in fremden Welten

Neuss · Der Künstler Michael Sichelschmidt stellt seine Bilder bei Engel & Völkers aus und zieht den Betrachter hinein in die Welt hinter Fenstern und Haustüren. Dabei erzeugt er eigenartige Stimmungen.

Wenn Edward Hopper in Düsseldorf gelebt hätte, hätte er wohl ähnliche Bilder gemalt wie Michael Sichelschmidt. Der 61-jährige Meisterschüler von Rolf Sackenheim zeigt eine Auswahl seiner Bilder bei Engel & Völkers an der Sebastianusstraße 11. Der Mensch spielt keine Rolle in seiner Malerei, hinzu kommt ein gewisser Hang zur Melancholie und Nostalgie, so dass das Gefühl von Einsamkeit aufkommen könnte - wenn da nicht die Neugierde wäre, die Michael Sichelschmidt weckt. Er knipst ein Licht an in fremden Häusern, öffnet Türen, wird fast zu einem Voyeur, auf jeden Fall aber zu einem Flaneur.

Sein Vater stammt aus Neuss und arbeitete als Werbegrafiker. Der Sohn wuchs also in einem kreativen Milieu auf. Und er hat eine Antenne für Stimmungen. Stimmungen, die seine Bilder - früher in Öl, heute mit Acrylfarben gemalt - widerspiegeln. Der Betrachter weiß mitunter nicht, ob die Sonne gerade auf- oder untergeht. Michael Sichelschmidt arbeitet gerne in Serien. Die Hängung seiner Bilder soll beim Betrachter einen Klang erzeugen.

Alle ausgestellten Werke sind 60 Zentimeter hoch. Da ist zum Beispiel ein Auszug aus der Häuser-Serie. Mondäne weiße Villen im Bauhausstil wirken trotz der großen Fensterflächen wie kleine Festungen. Hier und da brennt Licht, der Betrachter kann einen Blick erhaschen, zu sehen bekommt er allerdings nicht sehr viel. Hereinbrechende Dunkelheit, Schnee, auf dem Fahrzeuge ihre Spuren hinterlassen haben - das alles fügt sich zusammen zu einer ganz besonderen Stimmung.

Mit Straßenbahnen verbindet Michael Sichelschmidt frühe Selbstständigkeit in seiner Kindheit. Der Künstler, der in Düsseldorf-Oberkassel aufwuchs, zeigt dem Betrachter, den er zu einer Erkundungstour an die Hand zu nehmen scheint, auch Impressionen aus dem Inneren alter Häuser: Da öffnen sich Türen, gewähren Einblicke in fast verloren gegangene Welten. Der Betrachter staunt. Schmucklose Industrieanlagen wechseln sich ab mit Urlaubsimpressionen aus sonnigen Ländern. Gegenüber gibt es Düsseldorfer Hinterhofluft zu schnuppern. "Es geht mir darum, Befindlichkeiten darzustellen, ich will nicht der deutsche Hopper sein", erklärt Sichelschmidt. Der 61-Jährige malt auch Bilder, auf denen Menschen eine tragende Rolle spielen. In der aktuellen Ausstellung sind sie jedoch nicht zu sehen.

(NGZ)
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