Neuss "Lehrerin auf Zeit" verlässt Gesamtschule

Neuss · Als "Fellow" der Bildungsinitiative "Teach First Deutschland" hat die Neusserin Isabelle Nießen das Lehrerkollegium zwei Schuljahre lang unterstützt. Mit ihrem Weggang endet auch ein Förderprojekt an der Gesamtschule Nordstadt.

 Isabelle Nießen (4. v.l.) - hier mit einigen Schülern - war zwei Jahre als "Fellow" für eine amerikanische Stiftung an der Gesamtschule Nordstadt tätig.

Isabelle Nießen (4. v.l.) - hier mit einigen Schülern - war zwei Jahre als "Fellow" für eine amerikanische Stiftung an der Gesamtschule Nordstadt tätig.

Foto: woi

"Mit zwei weinenden Augen" verabschiedet sich Isabelle Nießen in dieser Woche von den Schülern und Lehrern an der Gesamtschule Nordstadt. Die Neusserin hat die Lehrkräfte dort zwei Schuljahre lang als "Fellow", das heißt, als Weggefährtin für Schüler mit schlechteren Startbedingungen, im Rahmen der Bildungsinitiative "Teach First Deutschland", unterstützt. Nun endet das Engagement der jungen Historikerin.

Die Bilanz ihrer Aktionen kann sich sehen lassen. Unter anderem hat Nießen ein Lernbüro-plus eingerichtet. Dahinter verbirgt sich eine Lerngemeinschaft aus acht bis zwölf Schülern außerhalb der Klassenverbände, in der Schüler individuell gefördert werden. Zudem hat sie die Schülerzeitung "Nordlicht" ins Leben gerufen, Flüchtlingen, die an die Schule kamen, Deutsch beigebracht, eine Auschwitz-Reise von 30 Schülern mit geleitet und angeregt, dass die Schüler das "Stolperstein-Projekt" unterstützen und an der Further Straße für Max und Helene Müller, die als jüdische Mitbürger vor den Nazis fliehen mussten, solche Erinnerungsmarken verlegt wurden. Erst am vergangenen Wochenende stellte Nießen mit neun Schülern bei einem Bildungsfestival in Berlin das Projekt vor.

"Ich arbeite gerne mit herausfordernden Schülern. Sie haben auch Talente, die man entdecken und fördern muss", erklärt Nießen die Motivation für ihre Bewerbung bei der Bildungsinitiative.

Teach First Deutschland setzt sich ein für gerechte Bildungschancen und einen Schulabschluss für alle Kinder und Jugendlichen, insbesondere sozial Benachteiligte. "Oft arbeiten die Fellows an Brennpunktschulen", erklärt Nießen. Ihr Gehalt - rund 1800 Euro brutto - zahlt das Land NRW. Die Gesamtschule Nordstadt hat sich für den Einsatz einer solchen Hilfskraft beworben und die Initiative vor allem durch ihr individuelles Lernkonzept mit dem "Lernbüro" überzeugt, in dem Schüler selbstbestimmt gemäß ihres Leistungsstands in den Hauptfächern Deutsch, Mathe und Englisch lernen.

2014 hat Isabelle Nießen ihren zweijährigen Einsatz auf der Furth begonnen. Das bedeutete: Die 31-jährige Hochschulabsolventin half nach ihrem Master-Abschluss in Geschichte und Soziologie an der Heinrich-Heine-Universität in Düsseldorf dort aus, wo Not am Mann war und initiierte Projekte, für die im Schulalltag und mit dünner Personaldecke ansonsten Kapazitäten fehlen. Das bedeutet aber, dass Schulleiter Olaf Templin nach ihrem Weggang nicht alle von Isabelle Nießen gestarteten und betreuten Projekte weiterführen kann.

"Das sehr erfolgreiche Lernbüro-plus mit intensiver Betreuung der Schüler können wir nicht fortsetzen", bedauert er. Auch sonst hinterlässt der Weggang der "Lehrkraft auf Zeit" Lücken, die die noch junge Gesamtschule schwer schließen kann. Nießen, die in Grimlinghausen lebt, hat sich schon früh für Bildung und Sprachförderung für Benachteilige eingesetzt. Nach ihrem Abitur an der Janusz-Korczak-Gesamtschule absolvierte sie ein Freiwilliges Soziales Jahr im Mehrgenerationenhaus in Düsseldorf-Garath. Während des Studiums unterstützte sie die Sprachförder- und Bildungsprojekte in der Kita "Kleine Leute, große Welt" im Rheinparkcenter. "Jetzt würde ich am liebsten Bildungs- und Kulturprojekte in Neuss betreuen", sagt sie.

(NGZ)
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