Neuss Kyocera - großer Konzern der kleinen Teile

Neuss · Von Neuss aus vertreiben die Japaner Bauteile vom Küchenmesser bis zum Diesel-Einspritzer - nur keine Drucker.

 Diese Kamera produziert Kyocera für den US-amerikanischen Markt - sie überwacht Autofahrer und warnt im Notfall vor Sekundenschlaf.

Diese Kamera produziert Kyocera für den US-amerikanischen Markt - sie überwacht Autofahrer und warnt im Notfall vor Sekundenschlaf.

Foto: woi

Das Herz des Neusser-Kyocera-Standortes ist mit einem Zahlenschloss gesichert. Firmen aus ganz Europa wollen dorthin, in diesen Keller in einem Bürogebäude im Hammfeld und von Kyocera lernen. Sie wollen wissen, wie sie mit den Werkzeugen des japanischen Konzerns schneiden können. Und Jens Lötel, Techniker bei Kyocera, zeigt es ihnen. "Die Kunden bringen ihren Werkstoff mit und wir versuchen, das bestmögliche Ergebnis zu erzielen", sagt der Techniker des Kyocera-Technikzentrums, das vor wenigen Jahren in Neuss entstanden ist und der Industrie zeigt, wie es geht. Und vor allem: Womit.

 Ein Lautsprecher so groß wie eine Kreditkarte - dank der feinkeramischen Komponenten und des Piezo-Lautsprechers ist das möglich.

Ein Lautsprecher so groß wie eine Kreditkarte - dank der feinkeramischen Komponenten und des Piezo-Lautsprechers ist das möglich.

Foto: Woitschützke, Andreas (woi)

Bauteile - das ist es, was die Kyocera Fineceramics GmbH, eine deutsche Tochter des japanischen Mutterkonzerns, ausmacht. "Unsere Strategie ist, starke und wachsende Industrie-Zweige in Europa zu finden, und darauf zu fokussieren, wichtiger Lieferant für diese Industrien zu sein", sagt Shigeru Koyama, Europachef von Kyocera. "In Deutschland sind zum Beispiel der Automobilbau und der Maschinenbau wichtige Wachstumsmärkte für uns." Im Neusser Hammfeld betreibt Kyocera einen Standort mit rund 50 Mitarbeitern. Sie sind vor allem im Verkauf und im Service tätig, etwa wie Jens Lötel in dem Technikzentrum, für dessen gewaltige Maschinen in dem Gebäude ein eigenes Fundament nachgerüstete werden musste. In Neuss betreibt Kyocera überdies eines seiner vier Produktdesignzentren in Deutschland.

Neuss: Kyocera - großer Konzern der kleinen Teile
Foto: Woitschützke, Andreas (woi)

Bauteile sind das Kerngeschäft von Kyocera, nicht etwa die Drucker, für die der Konzern eher bekannt ist. "Der Drucker-Bereich trägt 20 Prozent zum Umsatz bei", sagt Koyama. "Der wichtigste Geschäftszweig der Kyocera-Gruppe ist der für Bauteile zum Beispiel für den Automobilbereich und Maschinen. Das macht 60 Prozent des Umsatzes aus." Insgesamt lag der Umsatz im jüngst abgelaufenen Geschäftsjahr europaweit bei rund zwei Milliarden Euro. "Europa ist für Kyocera ein wichtiger Markt. 20 Prozent des Umsatzes der Gruppe kommt aus Europa, und dazu trägt Deutschland etwa 50 Prozent bei", sagt Koyama. Neben Neuss ist die Kyocera Fineceramics in Deutschland mit Standorten in Esslingen (Zentrale) und Frankfurt vertreten. In Meerbusch ist die Schwesterfirma Kyocera Document Solutions niedergelassen - dort ist das Druckergeschäft gebündelt.

In Neuss geht es um Produkte, von denen der normale Verbraucher keine Ahnung hat, dass er sie stets benutzt, weil sie in anderen Produkten verbaut sind. Wer ein Smartphone besitzt, ist fast immer Kyocera-Kunde. In nahezu jedem Modell sind bis zu 40 Bauteile der Japaner verbaut, zum Beispiel Gehäuse für die Kamera. Namhafte deutsche Autobauer setzen in ihren Dieselmotoren Direkteinspritzer von Kyocera ein, um die Kraftstoff-Zuführung so präzise wie möglich zu steuern. In Flachbildschirmen sind Kyocera-Lautsprecher eingesetzt, die so groß sind wie eine Kreditkarte. Für den US-amerikanischen Markt hat Kyocera eine ganze Kamera entwickelt, die im Auto die Augenbewegungen des Fahrers kontrolliert und beim Sekundenschlaf Alarm auslöst. "Und wir verfügen mit unseren Bauteilen für Batterie-Management-Systeme über die Technologie, Batterien im Elektroauto ohne großen Aufwand in der Betriebstemperatur zu halten, dass die Laufleistung und damit die Fahrstrecke maximiert wird", sagt Koyama. "Das ist kein Traum, sondern ein aktuelles Produkt." Die Produktpalette reicht vom Keramikmesse für die heimische Küche bis zum Schneidwerkzeuge für Flugzeugbauer für Carbon-Bauteile.

Nicht mehr dazu gehört bei Kyocera Fineceramics der Vertrieb von Solarmodulen. "Das Solarmodul-Geschäft in Europa ist nahezu tot. Deshalb haben wir den direkten Vertrieb von Photovoltaik-Anlagen in Europa im vergangenen Jahr gestoppt", sagt Koyaman. "Wir konzentrieren uns auf die anderen wachsenden Märkte."

(NGZ)
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