Neuss Kunst aus 20 000 zerbrochenen Eiern

Neuss · Im Atelierhaus wird heute eine Ausstellung mit einem Kunstwerk eröffnet, das Jennifer López Ayala nur für diesen Raum geschaffen hat. "Broken Body" ist der Titel für die beiden Felder mit rund 20 000 gebrochenen Eierschalen.

 Jennifer López Ayala hat für ihre "Raummalerei" auch die Fenster des Ausstellungsraum mit blickdichten Folien beklebt.

Jennifer López Ayala hat für ihre "Raummalerei" auch die Fenster des Ausstellungsraum mit blickdichten Folien beklebt.

Foto: Andreas Woitschützke

Wie kann es sein, dass zigtausend halbe Eierschalen exakt so auf dem Boden positioniert sind, dass sie zusammen mit dem Raum zu einer stimmungsvollen Installation verwachsen? Ver- und Bewunderung ob der kleinteiligen Arbeit werden umso größer, je länger die Künstlerin Jennifer López Ayala von ihr erzählt. Keine der rund 20 000 Eihälften liegt zufällig da, jeder Zentimeter ist bedacht, das ganze Ausmaß vorher genauestens konstruiert worden. "Broken Body" heißt die Ausstellung im Atelierhaus, und zustande gekommen ist sie wie jede Arbeit von ihr: als Raumuntersuchung.

Die gebürtige Düsseldorferin lebt und arbeitet in Neuss - letzteres im Atelierhaus -, hat gerade ihren Meisterschülerbrief von Katharina Grosse an der Kunstakademie Düsseldorf bekommen und weiß seit einigen Tagen, dass sie Kunstförderpreisträgerin der Stadt ist. Und jetzt folgt sogleich die erste Einzelausstellung. "Das ist Zufall", sagt López Ayala lachend, "wir reden schon seit zwei Jahren über diese Ausstellung, aber erst jetzt hat es gemacht. Mit "wir" meint sie sich und den Kulturamtsleiter Harald Müller, der die Gäste bei der Eröffnung auch begrüßen wird.

Die Künstlerin kommt eigentlich von der Malerei, hat mit großem Gestus und am liebsten mit Eitempera gearbeitet. "Damit gewinnt man das beste Weiß", sagt sie, entdeckte dann zufällig, dass mit der gebrochenen Eihülle schon alles da war: "Ich sah, wie das Licht auf die Schale fiel, sie zum Schimmern brachte und dachte: Da passiert ja schon Malerei."

So rückte der einstige Abfall in den Mittelpunkt ihrer Arbeit. Bilder an den Wänden im Ausstellungsraum zeigen ebenso wie die Eiablage auf dem Boden, dass López Ayalas malerischer Blick sich um eine starke grafische Komponente erweitert hat. Sie fotografiert Eierschalen, scannt die Aufnahmen, nutzt die Negative und schafft jedes Mal neue Strukturen, die immer weiter weg von der profanen Eihülle zu abstrakten Gebilden führen. Mal löst sich die Form des Ei gänzlich auf, werden die Schalen zu einem Schwarm von - ja, was eigentlich? Mal wirken sie herangezoomt seltsam fremd, gar bedrohlich.

Die Bilder ergänzen die Installation auf dem Boden sehr trefflich. Machen deutlich, wie umfassend Jennifer López Ayalas Blick ist. "Raummalerei" sagt sie selbst zu ihrer Arbeit auf dem Boden, denn sie steht mit ihren zwei Feldern im Verhältnis zu Form und Proportion des Raumes. Jede Schale ist von Hand gelegt. Nach Plan, aber auch unter ständiger Überprüfung des sich verändernden Raums. López Ayala baut sich zwar erst ein maßstabgetreues Modell, simuliert die Installation mit grobem Salz, aber die Umsetzung penibel untersucht. So sind die beiden Pfeiler von vornherein Bestandteil des Kunstwerks, selbst der Boden spielt eine Rolle: "Er hat schon so viel gesehen und zu erzählen", sagt die Künstlerin, "über sind die Spuren zu sehen." Also hat sie die Eierschalen auf dem nackten Boden postiert. Der Verbrauch an Eiern muss also enorm sein. Die Künstlerin lacht. Sie hat eine feste Quelle, muss allerdings die maschinell gebrochenen, aber nicht völlig entleerten Schalen selbst säubern. Was bei 200 000 Stück schon eine logistische Meisterleistung ist.

(NGZ)
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