Neuss Kabarett treibt Vorurteile in Europa auf die Spitze

Neuss · Der Wunsch nach einem einheitlichen Europa ist alt. Doch nicht nur die immer noch schwelende Krise Griechenlands zeigt: Es gibt innerhalb der europäischen Grenzen große Unterschiede. Nicht nur wirtschaftlich, sondern vor allem kulturell. Und manch ein Land, dass irgendwie mitten drin steckt, darf gar nicht erst zu Europa dazugehören, während ein anderes, das von Beginn an dabei war, so gar kein Interesse daran zu haben scheint. Die Rede ist von der Türkei und England.

 Aydin Isik und Mike McAlpine zeigen das Nord-Süd-Gefälle.

Aydin Isik und Mike McAlpine zeigen das Nord-Süd-Gefälle.

Foto: jumo

Zeit, dieses komplizierte Geflecht einmal auf humorvolle Weise näher unter die Lupe zu nehmen. Und wer könnte das besser, als ein heißblütiger Deutsch-Türke und ein stocksteifer Engländer? Und so trafen am Freitagabend bei der Premiere des Kabarett-Programmes "Nord-Südgefälle" im TaS Europas Gegensätzlichkeiten in Person von Aydin Isik und Mike McAlpine krachend und schonungslos aufeinander, wobei sie natürlich nicht nur die ihnen jeweils im Blut liegenden Nordeuropäer oder Südländer stellvertretend darstellten, sondern sich vor allem im Rollentausch schonungslos die Vorurteile über den jeweils anderen unter die Nase rieben.

Besonders deutlich wurde der Gegensatz bei der Darstellung einer Fußball-Reportage. Während sich der türkische Kommentator beim Sprechen beinahe überschlug, seine Mannschaft in den Himmel lobte und nach einem Tor anfing vor Glück zu weinen, nannte der deutsche Kommentator gelangweilt und teilnahmslos die Namen der ballführenden Spieler, und kritisierte nach dem siebten Tor für die Deutsche Mannschaft die mangelnde Kreativität im Spiel.

So ungefähr verlief der ganze Abend: Ein fantastisches, abwechslungsreiches Spiel mit altbekannten Klischees. Dabei kam neben der schauspielerischen Glanzleistung auch das musikalische Talent der beiden Komödianten nicht zu kurz. Orientalische Klänge und englische Evergreens untermalten die Sketche und aus "Somewhere over the Rainbow" wurde ein trauriges Lied über die wunderschöne Türkei, die so gerne EU-Mitglied wäre. Sogar einen tänzerischen Wettkampf mit einem überraschenden Sieger boten sich die beiden, die sich ansonsten durch ein Speed-Dating mit Franzosen, Türkinnen, Ruhrpott-Schnallen und Dormagener Informatik-Nerds kämpften, bis Mika McAlpin very british und very betrunken in Dinner-for-One-Manier über die Bühne stolperte und imaginären Flirtpartnern Wein einschenkte. Auch dem britischen Klassiker "Romeo und Julia" wurde neues Leben eingehaucht: Romeo versuchte als ebenso selbstüberzeugter wie wehleidiger Italiener Julia dazu zu bringen, mit ihm ins Bett zu gehen.

(sebs)
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