Neuss Jugendliche Museumsführer mit Migrationshintergrund

Neuss · Die Initiative "Interkulturelle Projekthelden" will für Besuche im Museum begeistern - das kommt bei Jugendlichen gut an.

Abdulsamed Göl (14) erklärte konzentriert das berühmte Kinderbildnis von Jacob Gerritzsz. Cuyp (1594-1652). "Kinder wurden damals wie kleine Erwachsene dargestellt und mussten für ein solches Porträt stundenlang still stehen", sagte er und beantwortete im Anschluss geduldig alle Fragen seiner Zuhörer. Seine "Kollegin" Anna Rajani (ebenfalls 14) brachte den zehn Kindern und ihren Eltern anschließend das Bild "Der Spaziergang" von Heinrich Campendonk (1889-1957) näher und ging besonders auf die Verwendung der bunten Farben und die Maltechnik ein. Es war eine besondere Führung, die im Clemens-Sels-Museum stattfand - zum ersten Mal gaben jugendliche Museumsführer mit Migrationshintergrund eine Probe ihres Könnens ab.

Entwickelt wurde das Ganze von der Neusser Jugendinitiative "Interkulturelle Projekthelden" in Zusammenarbeit mit dem Clemens-Sels-Museum. "Wir sind inzwischen ein eingetragener Verein", sagte Leiter Umut Öksüz. "Abdulsamed und Anna waren bei unseren Freizeitangeboten immer dabei, und so habe ich sie angesprochen, ob sie eine Ausbildung zu Museumsführern machen wollen", erzählte er. Abdul war sofort Feuer und Flamme. "Bei einem früheren Besuch hatte es mir im Museum schon sehr gut gefallen", berichtete der Neuntklässler des Quirinus-Gymnasiums mit türkischen Wurzeln. Auch Anna, deren Eltern aus Georgien stammen und die die Realschule in der Südstadt besucht, fand sofort Gefallen an dem Gedanken, anderen Kindern und auch Erwachsenen eine Führung anbieten zu können. "Das ganze macht Spaß und ist nicht anstrengend", sagte sie und deutete auf das Gemälde "Lasset die Kindlein zu mir kommen" von Maurice Denis (1870-1943), das ihr besonders gut gefällt. "Dazu kann man richtige Geschichten erzählen."

Beide suchten sich jeweils vier Bilder aus und trafen sich fünf Mal mit Museumspädagogin Romina Pieper, um alles Wissenswerte zu erfahren. "Wir geben aber auch unsere eigenen Eindrücke wieder", betonten sie. Trotz einiger Aufregung brachten sie die erste Führung mit Bravour hinter sich und freuten sich über die von Museumsdirektorin Uta Husmeier-Schirlitz ausgehändigten Zertifikate. "Ihr habt lange geübt und geprobt, frei ohne Zettel gesprochen und die Beantwortung der gestellten Fragen zeigt, dass ihr noch sehr viel mehr wisst", lobte sie die Jugendlichen, die sich ab sofort mit den Führungen ein kleines Taschengeld verdienen.

"Ihr seid ja schon gebucht", verriet Husmeier-Schirlitz schmunzelnd. Die beiden könnten anderen Kindern die Kunst leichter näherbringen: "Die Schwellenangst sinkt, es gibt eine Teilhabe für alle, Wortwahl und Sprachgebrauch sind authentisch", erklärte sie. Der Direktorin schwebt eine Übernahme in das Programm für 2017 vor.

(NGZ)
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