Neuss Im Sondereinsatz für die NRW-Wahl

Neuss · Kom(m)ödchen-Trio zeigt im Theater am Schlachthof die Vorpremiere von "SEK Wahlkampf".

In Rot, Schwarz, Grün, Lila, Gelb oder Grau stehen die Klötze auf der Bühne, in unterschiedlichen Größen, und scheinen nur darauf zu warten, dass jemand kommt, um mit ihnen zu spielen. Aber das "Sondereinsatzkommando Wahlkampf" hat sich angesagt - und schon stürmt es herein. Martin Maier-Bode, Heiko Seidel und Daniel Graf sind ein SEK auf Übung, denn die drei Männer vom Düsseldorfer Kom(m)ödchen haben vertrautes Terrain verlassen und testen ihr neues Stück erst mal vor Publikum im Theater am Schlachthof. Vorpremiere nennt man das, und die drei sind so geschickt, ein bisschen Neuss da einzubauen, wo es geht. Wenn der Applaus der Zuschauer (nach zwei ausverkauften Vorstellungen) ein Gradmesser ist, dürfte auch die Premiere am 2. April im Kom(m)ödchen gelingen.

Wäre der ernste Schluss nicht, die Aufforderung, am 14. Mai in NRW unbedingt wählen zu gehen, könnten die zwei Stunden vorher auch genau das Gegenteil bewirken, vom Wählen abhalten. Denn wir sind im Kabarett, also kommt alles auf den Prüfstand, was der Bürger glaubt und die Politik tut. Oder nicht tut. Und das ist eine ganze Menge.

Herrlich überspitzt wird zum Beispiel die Schulpolitik aufs Korn genommen. Mit einem Running Gag, weil Daniel Graf nie der Name der Ministerin ("Lehmann?") einfällt, und vor allem mit Rollenspielen. Da beklagt er als Lehrer altes Material: "Wir arbeiten mit einer Deutschlandkarte, auf der das Land noch geteilt ist - in Fürstentümer." Da erzählt sein Kollege Guntram (Maier-Bode) vom "Fronteinsatz", eine Klassenfahrt mit der 8c, klagt über Eltern ("Amöben auf Autopilot") und über Stress ("Mein Tag hat vier Stunden!"). Das Lehrerzimmer ist eine Siffbude, Stuck fällt krachend von der Decke.

Nummer an Nummer reiht das Trio. Dafür geht es in die USA zu Donald Trump, in die Türkei zu Erdogan und kurz in die DDR zu Daniel Grafs Wahl-Erfahrungen aus der Vergangenheit. Manche Szene ist ein Glanzstück, etwa wenn Hitler (grandios schnarrend: Maier-Bode) über Einmärsche und überhaupt mit dem Grünen Winfried Kretschmann (die personifizierte schwäbelnde Gemütlichkeit: Heiko Seidel) als Vorsitzender des Vermittlungsausschusses verhandeln muss. Manche Nummer aber schleppt sich hin - wenn Maier-Bode zu tief in die politische Mottenkiste greift und Ex-Minister wie Brüderle, Oettinger oder Jung als Beispiel für Überforderung und Unfähigkeit hervorholt. Von ganz anderem Kaliber ist dagegen die Rede Daniel Grafs als Armin Laschet, die sinnentleerter kaum sein könnte, aber mit ihrem bedeutungsschwangeren Ton Politikersprech als pure Worthülsenberge entlarvt.

Auch die Bauklötze kommen zum Einsatz. Mal als Schiffskabine auf der Arche und Ort für Verhandlungen zwischen Gewerkschaftsfunktionär und Noah, mal als Psychiatercouch für ein von schönen Visionen geplagtes FDP-Mitglied, mal als Wahldiagramm, um Mehrheitsverhältnisse durchzuspielen. Rot-Grün: "Gähn!" Schwarz-Grün: "Laschet lächelt selig!" Schwarz-Gelb: "Ein feuchter Liberalentraum!" Rot-Schwarz: "Kraft statt Merkel!" Und Braun: "Eine Mauer wird gebaut - gegen Holland!"

(hbm)
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